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„Roter Strom“: Lesung im BASE zum KKW Rheinsberg

Meldung

Stand: 23.02.2023

„Roter Strom“: Lesung im BASE zum KKW Rheinsberg

Als eine „Spielart sozialistischer Modernisierungsgeschichte“ beschreibt Dr. Sebastian Stude das Kernkraftwerk (KKW) Rheinsberg. Anlass war eine Lesung seiner Dissertation „Roter Strom. Die Geschichte des Kernkraftwerkes Rheinsberg 1956 – 2000“ am Mittwoch, 22. Februar 2023, im Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Rund dreißig Gäste wohnten der Veranstaltung bei, zu der das BASE eingeladen hatte. Autor Dr. Stude stellte den Anwesenden in seinem Vortrag vier Phasen der DDR-Kernenergiewirtschaft vor - „blitzlichtartig“ empirische Ergebnisse seiner Dissertation - und griff dann das Thema „Stilllegung und Rückbau“ heraus. Mit diesem Thema schlug Stude auch die Brücke zu der noch bis 15. April 2023 im BASE gastierenden Ausstellung „Nach der Kernkraft – Konversionen des Atomzeitalters“, von Städtebau-Studierenden der Universität Kassel.

Naherholung und Industriestandort

Dr. Stude steht am Pult und hält einen Vortrag
© BASE

Das KKW Rheinsberg war der erste Druckwasserreaktor sowjetischer Bauart, welcher 1966 in der DDR in Betrieb ging. Es befindet sich inmitten eines Naherholungsgebiets am Stechlin-See, rund 100 Kilometer nördlich von Berlin. Verbunden mit dem KKW Rheinsberg war die DDR-Erzählung vom „billigen, sicheren und sauberen“ Strom. Anhand seiner Auswertung der Quellen in verschiedenen Archiven, u.a. dem Betriebsarchiv des KKW Rheinsberg, erteilte Dr. Stude dieser Erzählung eine Absage. „Das hat eher nicht nach diesen Idealvorstellungen stattgefunden“, so Dr. Stude. Das KKW habe laut Aktenlage bis auf einige wenige Jahre wirtschaftlich defizitär gearbeitet, zudem seien Stör- und Zwischenfälle dokumentiert. Dr. Stude bezeichnete das KKW als wirtschaftlich ineffizient und der Gesellschaft „aufoktroyiert“, ein Beispiel „sozialistischer Modernisierungsgeschichte“, eng verwoben auch mit der Geschichte von Rheinsberg als Naherholungs- und Industriestandort.

Rückbau ist „schwer kalkulierbar“

Männer und Frauen sitzen in Reihen und hören dem Vortragenden zu.
© BASE

Nach etwas mehr als 20 Jahren ist das KKW Rheinsberg 1990 abgeschalten worden, unter anderem aufgrund von erheblichen Sicherheitsmängeln. Für Dr. Stude steht fest, dass die Stilllegung und der Rückbau von Kernkraftwerken ein „wesentlicher Bestandteil“ des Kraftwerk-Zyklus sind, so auch beim KKW Rheinsberg. In seinem Vortrag belegte er anhand der dokumentierten Kostenschätzungen zum Rückbau des KKW Rheinsberg, dass dies eine „schwer kalkulierbare wirtschaftliche Unternehmung“ sei. Anfangs rechnete die DDR mit 38 Millionen Ostmark für den Rückbau, inzwischen ist von einer Milliarde Euro die Rede - und der Rückbau ist noch immer nicht abgeschlossen, angestrebt ist derzeit das Jahr 2035. Für den Rückbau und auch eine mögliche Nachnutzung brauche es ein „Mindestmaß an gesellschaftlicher Akzeptanz“, so Dr. Stude und schaffte damit die Brücke zu der BASE-Ausstellung zur Nachnutzung von AKW. Nach seinem Vortrag schloss sich eine Fragerunde an, u.a. zu den Themen Umwelt und Sicherheit.

Noch bis zum 15. April 2023 zeigt das BASE in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel die Ausstellung "Nach der KErnkraft - Konversionen des Atomzeitalters". Die Ideen der Städtebau-Studierenden zur Nachnutzung von AKW sind täglich von 9 bis 18 Uhr im Foyer des BASE in der Wegelystraße 8 in Berlin-Tiergarten zu sehen.

Stand: 23.02.2023