Einleitung von radioaktiv belastetem Wasser ins Meer vor Fukushima
Auf dem Gelände des Atomkraftwerks in Fukushima lagern nicht nur hochradioaktive und Reaktorteile. Auch kontaminiertes Wasser wird dort in über 1000 Behältern gesammelt und vom Betreiber nach einem Reinigungsprozess in den Pazifik eingeleitet.

Nach dem Erdbeben und dem Tsunami vom 11. März 2011 sind die Gebäudestrukturen und Grundwasserbarrieren des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi nicht mehr in genügendem Maße intakt, so dass Grund- und Regenwasser in die Bauten eintreten kann. Die nachfolgenden Reaktorunfälle haben die Integrität der Reaktorbehälter und auch der Gebäudehülle in mehreren Kraftwerksblöcken zerstört, so dass eindringendes Grund- und Regenwasser hochgradig wird. Dieses Wasser, das auch die Kühlung der havarierten Anlage übernimmt, wird permanent abgepumpt und nach einer Vor-Reinigung in Behältern auf dem Gelände des Kernkraftwerks gesammelt.
Derzeit lagern hier ca. 1,3 Millionen Kubikmeter Wasser in über 1000 Behältern. Täglich kommen mehr als 100 Kubikmeter Wasser hinzu. Das Gesamtspeichervermögen der Tanks von etwa 1,37 Millionen Kubikmeter ist zu ca. 95% ausgeschöpft.

Der TEPCO verweist auf die Kapazitätsgrenzen der Behälteranlage. Zudem ergibt sich durch die langfristige Lagerung die von Leckagen und Defekten an den Behältern, die und damit die aus dem Wasservolumen der Behälter führt überdies zu großen Herausforderungen, den betrieblichen beim Personal vor Ort (Einhaltung einer Jahresdosis von 1 mSv) sicherzustellen, und nicht zuletzt stellen die Behälter aufgrund ihres Flächenverbrauchs auch ein Rückbauhemmnis dar.
Vor-Reinigung des kontaminierten Wassers
Das in den Tanks gelagerte Wasser wird vom Betreiber nach einem vorangegangenen Reinigungsprozess ALPS-behandeltes Wasser (Advanced Liquid Processing System) genannt. Vor dieser Behandlung wird dem kontaminierten Wasser in einem ersten Schritt Cäsium und Strontium entzogen, die den Hauptanteil der radioaktiven Kontamination ausmachen. Anschließend werden aus dem radioaktiv belasteten Wasser auf chemischem Wege weitere radioaktive Nuklide entfernt (laut Betreiberangaben insgesamt 62 weitere Radionuklide).
Bis auf das Nuklid Tritium (H-3), einem β-Strahler mit 12,32 Jahren Halbwertszeit, können laut Betreiber durch diese Methode alle Radionuklide bis unterhalb der geltenden Grenzwerte entfernt werden. Eine Entfernung von Tritium ist dagegen nach derzeitigem Stand der Technik technologisch und ökonomisch nicht in dem hier nötigen Ausmaß möglich.
Problematik der Wassertanks
Der Betreiber TEPCO verweist auf die Kapazitätsgrenzen der Behälteranlage. Zudem ergibt sich durch die langfristige Lagerung die Gefahr von Leckagen und Defekten an den Behältern. Die Kontamination und damit die Strahlung aus dem Wasservolumen der Behälter führt überdies zu großen Herausforderungen, den betrieblichen Strahlenschutz beim Personal vor Ort (Einhaltung einer Jahresdosis von 1 mSv) sicherzustellen. Und nicht zuletzt stellen die Behälter aufgrund ihres Flächenverbrauchs auch ein Rückbauhemmnis dar.
Betreiber leitet Wasser ins Meer ein
Aufgrund der bekannten Problematik bei der Lagerung des vorgereinigten Wassers in Tanks strebt der Betreiber TEPCO eine vollständige Entsorgung dieses Wassers an. Seit 22. August 2023 erfolgt daher eine Einleitung in den Ozean vor dem havarierten Kraftwerk.
Das ALPS-behandelte Wasser wird dazu zunächst einer erneuten Reinigung (Sekundärbehandlung) unterzogen. In einer Messung wird geprüft, dass nach der Sekundärbehandlung die Konzentration radioaktiver Stoffe (mit Ausnahme von Tritium) den nationalen Normen entspricht.
Vor der Einleitung ins Meer wird das behandelte Wasser mit Meerwasser soweit verdünnt, dass es auch die gesetzlichen Normen für Tritium vollständig erfüllt.
Leitung führt einen Kilometer weit ins Meer
TEPCO verdünnt das erneut behandelte ALPS-Wasser vor der Einleitung in das Meer mit Seewasser, so dass der Tritiumgehalt mit < 1500 Bq/l letztlich die Marke von 2,5% des in Japan gültigen Wertes für Trinkwasser unterschreitet.
Die Einleitung erfolgt über eine einen Kilometer lange Leitung und soll laut Betreiber die Abgabemenge 22·1012 Bq im Jahr (22 TBq/a) nicht überschreiten.
Bis November 2024 wurden insgesamt ca. 78.300 Kubikmeter ALPS-behandeltes Wasser ins Meer eingeleitet. Japan überwacht mit Messungen das Meerwasser (außerhalb des Hafens) und den Zustand von Meeresorganismen (Proben von Fischen und Seetang).
Überprüfung durch IAEA

Voraussetzung für die Einleitung ALPS-behandelten Wassers ins Meer war die technische Überprüfung und Abnahme der Abgabeeinrichtung durch die zuständigen Behörden und die durch den IAEA-Review. Ende Oktober 2023 hat die IAEA bestätigt, dass der Umgang mit dem aufbereiteten Wasser internationalen Sicherheitsstandards entspricht und dass die geplante Freisetzung vernachlässigbare radiologische Auswirkungen auf Mensch und Umwelt hat. Der vollständige IAEA-Bericht von Ende Januar 2024 ‒ nach der Einleitung von mehr als 23.000 Kubikmetern Wasser ‒ bestätigte diese Schlussfolgerung.
Die IAEA überprüft kontinuierlich sicherheitsrelevante Aspekte des Umgangs mit ALPS-behandeltem Wasser. Dazu wurde eine Task Force eingerichtet, die für den ALPS-Prozess relevante Aktivitäten beobachtet und unabhängige Probenentnahmen und Analysen durchführt.
Betriebsbedingte Ableitungen versus Entsorgung von Abfällen
Zwar fallen während des Betriebes von Kernkraftwerken ebenfalls kontinuierlich , u. a. oder Kohlenstoff-14 an, die an die Umwelt abgegeben werden. Diese betriebsbedingten Ableitungen unterliegen den Regularien und der Aufsicht der Betreiberländer. Auch in deutschen KKW wurden während des Betriebs über und Fortluft radioaktive Stoffe in die Umwelt abgeleitet. Dies ist Teil der Betriebsgenehmigung der und muss kontinuierlich überwacht werden.
Bei dem kontaminierten Wasser von Fukushima handelt es sich allerdings nicht um betriebsbedingte Ableitungen, sondern im eigentlichen Sinne um Abfälle aus der Beseitigung von Havariefolgen. Ein Grundprinzip der Abfall- und Reststoffbehandlung in Deutschland ist, dass Abfälle nicht „verdünnt“ werden dürfen. Dadurch soll verhindert werden, dass weitere Stoffmengen unnötig werden bzw. dass für den Stoff ein anderer Entsorgungspfad als eine langzeitsichere Deponierung gewählt wird, was zu einer zusätzlichen Belastung für die Umwelt führen könnte. Daher wäre eine entsprechende Einleitung in das Meer in Deutschland nach derzeit geltenden Standards nicht zulässig.
Stand: 07.03.2025