Transmutation hochradioaktiver Abfälle
Partitionierung und Transmutation (P&T) ist bislang nur eine Theorie. Mithilfe von Transmutation soll hochradioaktiver Atommüll so aufbereitet werden, dass die Strahlung schneller abnimmt. Sind diese Konzepte in der Praxis umsetzbar und können sie ein Endlager ersetzen?
Partitionierung und Transmutation
Weltweit forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seit Jahrzehnten an verschiedenen Möglichkeiten, sicher zu entsorgen. Eine Variante, die es bisher nur in der Theorie gibt, ist die industrielle Anwendung von zur Verringerung der Menge radioaktiver Abfälle. Mit diesem Verfahren sollen langlebige Bestandteile des Abfalls gezielt in kurzlebige oder stabile Stoffe umgewandelt werden.
Was ist Transmutation?
Transmutation ist ein physikalischer Prozess, bei dem ein Element in ein anderes umgewandelt wird. In passiert dies bereits für einige Stoffe (insbesondere und ) als Nebeneffekt der Stromerzeugung. Transmutation, im Kontext der Abfallbehandlung, bedeutet, dass langlebige radioaktive Atomkerne () in kurzlebige oder stabile Atomkerne umgewandelt werden. Ein Transmutationsverfahren zur gezielten industriellen Abfallbehandlung existiert noch nicht. Sollte das eines Tages technisch möglich sein, würde, so die Hoffnung, der hochradioaktive Atommüll nicht mehr für hunderttausende Jahre Menschen und Umwelt gefährden, sondern nur für einen deutlich kürzeren Zeitraum. Im Gegenzug würde sich aber voraussichtlich das Volumen an und deutlich erhöhen. Auf ein Endlager für hochradioaktive Abfälle könnte auch deshalb nicht verzichtet werden, da nur ein Teil der hochradioaktiven Abfälle überhaupt transmutiert werden kann.
Aus was besteht eigentlich Atommüll?
Hochradioaktive Abfälle aus Atomkraftwerken sind eine Mischung aus verschiedenen Stoffen bzw. Stoffgruppen, die jeweils unterschiedliche Eigenschaften haben. Da die hochradioaktiven Abfälle über einen sehr langen Zeitraum ein hohes Gefährdungspotential besitzen, müssen sie durch ein Endlager für eine Million Jahre von der Umwelt abgeschirmt werden. Die Hauptbestandteile sind:
Uran
wird aus der Erde geschürft und zu Brennstoff verarbeitet. Der Großteil des Urans, nämlich gut 94%, wird während des Einsatzes im jedoch nicht gespalten, sondern als Teil des hochradioaktiven Abfalls entsorgt. Das im Kraftwerk eingesetzte selbst strahlt nur sehr schwach und ist wenig mobil im Erdreich. Einige P&T-Konzepte sehen daher vor, es nicht umzuwandeln. Stattdessen würde es vom Rest des Abfalls abgetrennt und direkt einem zugeführt.
Transurane
Transurane sind Stoffe, die entstehen, wenn einfängt statt durch diese gespalten zu werden. Dadurch bilden sich Elemente mit einer höheren Ordnungszahl - also mit mehr Protonen - als . Relevant sind dabei insbesondere die Elemente Neptunium, , Americium und Curium. Transurane machen etwa 1,5 % des deutschen hochradioaktiven Abfalls (in Form von ) aus. Sie tragen zu einer hohen und großen Wärmefreisetzung der bestrahlten bei.
Spaltprodukte
entstehen, wenn oder Transurane gespalten werden. machen etwa 4 % des hochradioaktiven Abfalls (in Form von ) aus. Sie tragen in den ersten Jahrzehnten am meisten zur sowie zur Wärmefreisetzung der verbrauchten bei. sind oft gut wasserlöslich und somit sehr mobil im Erdreich.
Wie funktioniert Transmutation im Kontext der Abfallbehandlung?
Das angestrebte technische Verfahren zur Abfallbehandlung wird „Partitionierung und Transmutation" (P&T) genannt und besteht aus drei Schritten: Abtrennung (Partitionierung), Brennstofffertigung und Umwandlung (Transmutation).
Bei der Abtrennung werden zunächst Transurane aus den abgebrannten herausgelöst. Für Uran und Plutonium geschieht dies heute bereits in Wiederaufarbeitungsanlagen. Um auch die übrigen Transurane abtrennen zu können, bedarf es erheblicher technischer Weiterentwicklungen. Bislang gelang dies nur im Labor.
Anschließend sollen die abgetrennten Transurane zu neuen Brennelementen verarbeitet und in speziellen Reaktoren mit beschossen werden. Ein Teil der Transurane wird dabei gespalten und in kurzlebigere oder stabile Atomkerne umgewandelt. Im geringen Umfang entstehen aber auch langlebige , beispielsweise Iod-129.
Das P&T-Verfahren müsste allerdings viele Male wiederholt werden, da bei jedem Durchgang nur ein Teil der Transurane umgewandelt werden kann.
Ist Transmutation in der Praxis umsetzbar?
Bislang existiert keine industriereife Transmutations-Anlage. Bis dahin könnten – so dass vom BASE in Auftrag gegebene Gutachten – noch viele Jahrzehnte vergehen. Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit wäre mit hohen Kosten verbunden.
Laut den Modellrechnungen müssten drei bis 23 dieser auf Transmutation ausgelegten Atomkraftwerke zwischen 55 und 300 Jahren betrieben werden, um einen Großteil der deutschen Transurane zu transmutieren. Das P&T-Verfahren würde somit den Aufbau einer umfangreichen kerntechnischen Industrie notwendig machen. Dies ist durch die derzeitige Gesetzeslage in Deutschland nicht gedeckt. Der Grund: Nach den Reaktorkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima gibt es hierzulande einen breiten gesellschaftlichen Konsens darüber, künftig keine Atomkraftwerke mehr zu betreiben. Die drei letzten Atomkraftwerke wurden am 15. April 2023 abgeschaltet.
Kann Transmutation ein Endlager ersetzen?
Auch mit Transmutation würde ein Endlager für hochradioaktive Abfälle erforderlich bleiben. Dies hat insbesondere drei Gründe:
- Selbst bei mehrmaliger Transmutation bleiben Transuran-Reste zurück, die einem Endlager zugeführt werden müssten.
- Langlebige Spaltprodukte (sowohl bestehende als auch neu entstehende) müssten in einem Endlager eingelagert werden.
- Nur ein Teil der hochradioaktiven Abfälle liegt in Form von Brennelementen vor. Ca. 40% der Abfälle wurden im Rahmen der Wiederaufbereitung verglast. Hier wäre die erneute Partitionierung deutlich anspruchsvoller.
Weiterhin ist zu beachten, dass sich die Menge an schwach- und mittelradioaktiven Abfällen, beispielsweise aus dem der Anlagen, erheblich erhöhen würde.
Fazit
Die Leistungsfähigkeit sowie der Zeitpunkt einer möglichen Verfügbarkeit der Transmutation zur industriellen Behandlung von radioaktiven Abfällen sind ungewiss. Auf diese Technologie als Ersatz für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle zu setzen, ist daher mit dem Verantwortungsprinzip nicht vereinbar. Dieses Prinzip ist im Standortauswahlgesetz verankert und sieht vor, dass ein bestmöglicher Schutz von Mensch und Umwelt vor den Wirkungen sowie die Vermeidung unzumutbarer Lasten für zukünftige Generationen gewährleistet sein muss.
Die Zukunft
Für den Fall, dass Partitionierung & Transmutation in den kommenden Jahrzehnten oder Jahrhunderten tatsächlich bis zur industriellen Reife weiterentwickelt wird und sich die Menge der hochradioaktiven Abfälle verringern ließe, sieht das Korrekturmöglichkeiten vor. Laut Gesetz sollen die hochradioaktiven Abfälle bis zum Verschluss des Endlagers zurückgeholt werden können.
Stand: 17.04.2023