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Alternative Reaktorkonzepte

Weltweit wird derzeit an verschiedenen Reaktorkonzepten gearbeitet, die als zukünftige Alternativen zu herkömmlichen Atomkraftwerken gesehen werden. Ein vom BASE in Auftrag gegebenes Gutachten analysiert den Entwicklungsstand, die Sicherheit und den regulatorischen Rahmen der Konzepte.

Alternative Reaktorkonzepte

Studie zu alternativen Reaktorkonzepten

Im Auftrag des BASE wurden im Rahmen eines Forschungsvorhabens aktuelle Entwicklungen von alternativen Reaktorkonzepten, die sich wesentlich von Leichtwasserreaktoren unterscheiden, untersucht. In dieser Studie wird der Begriff „sogenannte ‚neuartige‘ Reaktorkonzepte“ verwendet.

International werden seit Jahrzehnten alternative Reaktorkonzepte diskutiert, erforscht und entwickelt. Sie werden oft unter Sammelbegriffen wie „Reaktoren der 4. Generation“, „neuartige Reaktorkonzepte“ oder auch mit der englischen Bezeichnung „advanced reactors“ („fortgeschrittene Reaktoren“) zusammengefasst.

Diese alternativen Reaktoren sollen sich dadurch auszeichnen, dass sie

  • deutlich günstiger Strom bereitstellen können als herkömmliche ,
  • gegenüber herkömmlichen sicherer sind,
  • in der Lage sein sollen, neue zu erbrüten,
  • in der Lage sein sollen, radioaktiven Abfall zu verwerten,
  • weniger Abfallstoffe erzeugen,
  • weniger geeignet zur Erzeugung von Spaltstoffen für Atomwaffen sind.

Doch werden die alternativen Reaktorkonzepte den Erwartungen gerecht? Das BASE hat dazu eine wissenschaftliche Studie erstellt, das dieser Fragestellung nachgeht und den Entwicklungsstand, die Sicherheit und den regulatorischen Rahmen der Konzepte analysiert und bewertet. Hier finden Sie die Zusammenfassung der Studienergebnisse.

Historische Entwicklung

Bereits seit den 1940er und 1950er Jahren wurde an einer Vielzahl verschiedener Reaktorkonzepte geforscht, die auf der Verwendung unterschiedlicher , Kühlmittel, -Materialien und Neutronenspektren beruhen. Industriell durchsetzen konnten sich vor allem die Leichtwasserreaktoren, zu denen auch die in Deutschland betriebenen Druck- und Siedewasserreaktoren gehören. Etwa 90% der weltweiten Leistung von wird derzeit von Leichtwasserreaktoren erbracht.

Entwicklung alternativer Reaktorkonzepte

Da auch Leichtwasserreaktoren Mängel hinsichtlich ihrer Sicherheit, Brennstoffausnutzung, und Wirtschaftlichkeit aufweisen, steigt seit einiger Zeit wieder das Interesse an alternativen Konzepten. Sie werden häufig als neuartige Reaktoren bezeichnet, beruhen zum Teil aber auf Designs, die sich bereits seit vielen Jahrzehnten in der Entwicklung befinden und bislang keine kommerziell konkurrenzfähigen Baulinien hervorbringen konnten. Im vom BASE beauftragten Gutachten wird aus diesem Grund der Begriff „sogenannte ‚neuartige‘ Reaktorkonzepte“ verwendet.

Das Generation IV International Forum

Seit 2001 werden Bestrebungen zur Entwicklung alternativer Reaktorkonzepte international im „Generation IV International Forum“ (GIF) koordiniert. Ziel ist es, zeitnah einsatzfähige Kernreaktoren alternativer Technologielinien hervorzubringen, die verbesserte Eigenschaften aufweisen.

Es werden sechs verschiedene Technologielinien verfolgt:

  1. Hochtemperaturreaktor (Very High Temperature Reactor, VHTR)
  2. Salzschmelzereaktor (Molten Salt Reactor, MSR)
  3. Mit superkritischem Wasser gekühlter Reaktor (Supercritical-water-cooled Reactor, SCWR)
  4. Gasgekühlter Schneller Reaktor (Gas-cooled Fast Reactor, GFR)
  5. Natriumgekühlter Schneller Reaktor (Sodium-cooled Fast Reactor, SFR)
  6. Bleigekühlter Schneller Reaktor (Lead-cooled Fast Reactor, LFR)

    Außerhalb des Arbeitsfeldes des GIF befinden sich weitere Konzepte in Entwicklung, so zum Beispiel:

  7. Beschleunigergetriebener unterkritischer Reaktor (Accelerator-driven Systems, ADS)

Alternative Technologielinien

1.) Hochtemperaturreaktor (Very High Temperature Reactor – VHTR)

Während die meisten herkömmlichen Reaktoren (so auch die in Deutschland betriebenen Leichtwasserreaktoren) das verwendete Kühlmedium Wasser auf Temperaturen von etwa 300 °C erhitzen, arbeiten einige Reaktortypen bei deutlich höheren Temperaturen. Das Konzept des Hochtemperaturreaktors sieht vor, Temperaturen von 750 °C bis über 1000 °C zu erreichen. Diese hohen Temperaturen ermöglichen zum einen deutlich höhere e als bei anderen Reaktortypen, also eine verbesserte Ausbeute bei der Umwandlung von Wärme in elektrischen Strom. Zum anderen kann die Wärme alternativ für bestimmte Industrieprozesse wie die Produktion von Wasserstoff genutzt werden.

Schematische Darstellung eines Hochtemperaturreaktors
Schematische Darstellung eines Hochtemperaturreaktors © BASE

Wie funktioniert der Hochtemperaturreaktor?

Anstelle von Wasser sehen Hochtemperaturreaktor-Konzepte das Gas Helium als Kühlmittel vor. Dadurch kann der Reaktor bei niedrigerem Druck arbeiten und ist so bei extrem hohen Temperaturen besser beherrschbar als herkömmliche Leichtwasserreaktoren. Als Brennstoff kommt überwiegend Uranoxid oder -carbid zum Einsatz. Der Brennstoff liegt in Form kleiner Kügelchen vor, die mit einer Schutzhülle umgeben sind. Die Kügelchen wiederum sind eingelassen in Kugeln oder prismatische Blöcke aus Graphit, welches als dient. Diese Kugeln bzw. Blöcke stellen die dar. Sie werden vom Kühlmittel umströmt, welches die in der Kernreaktion entstehende Wärme abtransportiert. Diese Wärme kann zum Beispiel genutzt werden, um Wasser zu erhitzen und damit eine Dampfturbine anzutreiben.

Was sind die Vor- und Nachteile von Hochtemperaturreaktoren?

Neben dem erhöhten und der Bereitstellung von Prozesswärme mit hohen Temperaturen bieten Hochtemperaturreaktoren weitere Vorteile gegenüber herkömmlichen Reaktoren. Das Design der und die Heliumkühlung weisen verbesserte Sicherheitsmerkmale auf. So lassen sich zusätzliche Sicherheitssysteme einsetzen, welche bei wassergekühlten Reaktoren zum Teil nicht zur Verfügung stehen. Konstruktionsbedingt weist der Hochtemperaturreaktor im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Reaktorkerns eine relativ geringe Leistung auf, eine Kernschmelze gilt damit als ausgeschlossen.

Neben angereichertem können bei geeigneter der Anlage auch Natururan, Thorium, oder Mischoxide als Brennstoff verwendet werden.

Die Technologie bringt jedoch auch große Nachteile mit sich. Die hohe Temperatur und das Kühlmittel Helium stellen eine Herausforderung für die Auswahl einsetzbarer Materialien dar. Gasgekühlte Reaktoren weisen zudem oftmals Probleme wie eine ungleichmäßige Kühlung, hohen Abrieb und Staubbildung sowie eine erhöhte Brandgefahr bei Wasser- oder Lufteintritt auf, infolgedessen es wiederum zur von radioaktiven Stoffen kommen kann.

Die der abgebrannten wird aufgrund des hohen Anteils an radioaktivem Graphit im Vergleich zu herkömmlichen als deutlich kostenintensiver eingeschätzt.

Entwicklungsstand von Hochtemperaturreaktoren

Gasgekühlte Hochtemperaturreaktoren werden bereits seit den 1960er Jahren erforscht. Mit den Kugelhaufenreaktoren in Jülich und Hamm-Uentrop wurden auch in Deutschland Prototypanlagen nach diesem Konzept entwickelt. Ende der 1980er Jahre wurden beide Anlagen aufgrund diverser technischer Probleme abgeschaltet und die Technologie in Deutschland sukzessvive aufgegeben. Weitere Hochtemperaturreaktor-Projekte gab und gibt es unter anderem in Großbritannien, den USA, Japan und Frankreich. Ein Projekt in Südafrika, das auf der Technik des AVR Jülich basierte, wurde 2010 wegen technischer Schwierigkeiten und mangelnder Finanzierung auf unbestimmte Zeit pausiert. Seit 2003 ist in der Volksrepublik China ein Hochtemperatur-Versuchsreaktor in Betrieb, der ebenfalls auf dem Kugelhaufen-Design beruhende HTR-10. Im Herbst 2021 erreichten dort zwei weitere Hochtemperaturreaktoren des Typs HTR-PM als Demonstrationsanlagen . Ein ähnliches Projekt in den USA wurde vor der Realisierung eines Demonstrationsreaktors eingestellt, am Konzept des Hochtemperaturreaktors wird dort aber weiter geforscht. Bei den aktuellen Entwicklungen ist ein genereller Trend hin zu moderat hohen Betriebstemperaturen von 700-850 °C zu beobachten.

Bis heute ist keine Anlage des Typs Hochtemperaturreaktor zur kommerziellen Stromerzeugung in Betrieb.

2.) Salzschmelzereaktor (Molten Salt Reactor – MSR)

Üblicherweise werden in Kernreaktoren Brennstoffe in fester Form als sogenannte Brennstäbe verwendet. In Salzschmelzereaktoren liegt der Brennstoff dagegen als geschmolzenes Salz vor, das durch den Reaktor gepumpt wird. Ein Reaktordesign, das meist zu den Salzschmelzereaktoren gezählt wird, ist der Dual-Fluid-Reaktor. Teilweise werden Salzschmelzereaktoren auch als Flüssigsalzreaktoren bezeichnet.

Wie funktioniert der Salzschmelzereaktor?

Der Brennstoff ist Bestandteil einer Mischung geschmolzener Salze (Fluoride und Chloride). Durch die Auswahl der Salze und deren Mischungsverhältnis lässt sich die Konzentration des spaltbaren Brennstoffes sehr präzise einstellen. So kann genau die Konzentration hergestellt werden, die für die Aufrechterhaltung einer stabilen Kettenreaktion notwendig ist. Die Temperaturen in der Salzschmelze betragen ca. 600-700 °C. Im Inneren des Reaktors kommt es zu kontrollierten Kernreaktionen, die Wärme produzieren. Mit dieser Wärme kann Wasserdampf erhitzt und damit eine Turbine zur Stromerzeugung angetrieben werden.

Was sind die Vor- und Nachteile von Salzschmelzereaktoren?

Das Sicherheitskonzept von Salzschmelzereaktoren basiert auf grundlegenden physikalisch-chemischen Eigenschaften und kommt mit weniger aktiver Sicherheitstechnik als beispielsweise herkömmliche Leichtwasserreaktoren aus. Zentraler Bestandteil des Sicherheitskonzepts ist, die flüssige Salzschmelze bei Störungen des Betriebs in vorgesehene Behältnisse abfließen zu lassen, in denen eine weitere Kettenreaktion nicht möglich ist.

Außerdem können Salzschmelzereaktoren eine sogenannte chemische Aufbereitung integrieren. In einer zusätzlichen Anlage im Primärkreis (Brennstoffbearbeitungsanlage) können dabei die und die Zusammensetzung der , des Brennstoffs und des eingesetzten Salzgemisches im laufenden Betrieb optimiert werden. Im Gegensatz zu Leichtwasserreaktoren herrscht im Primärkreislauf eines Salzschmelzereaktors kein erhöhter Druck, wodurch einige Unfallszenarien ausgeschlossen werden können.

Ein großer Nachteil des Salzschmelzereaktors ist die erhöhte Korrosion im Inneren der Rohrsysteme. Das heiße Brennstoff-Salz-Gemisch greift die Metalle des Reaktors an, sodass deren Lebensdauer eingeschränkt ist. Diese Problematik ist auch Bestandteil aktueller Forschung und ein wichtiger Grund, warum Salzschmelzereaktoren zurzeit nur als Forschungs- oder Pilotanlagen existieren.

Einige Konzepte für Salzschmelzereaktoren werben damit, dass sie auch radioaktiven Abfall verwerten könnten. Damit sollen sogenannte Transurane, die im Reaktor bei der entstehen, sowie auch einzelne langlebige gezielt umgewandelt, also transmutiert werden können. Dies konnte bisher nicht zur Einsatzreife entwickelt werden. Nach derzeitigem Forschungsstand wäre es jedoch nicht möglich, sämtliche dieser radioaktiven Abfälle umzuwandeln. Zudem würden neue entstehen. Ein Vorteil für die in Deutschland verfolgte Endlagerstrategie ergäbe sich daher nicht.

Abhängig von der konkreten Ausgestaltung des Konzepts eines Salzschmelzereaktors würden von bisherigen Leichtwasserreaktoren abweichende radioaktive Reststoffe entstehen. Die gesamte Entsorgungskette müsste angepasst werden, von der Entwicklung geeigneter sverfahren und neuer Behälter bis hin zu den Anforderungen an eine Zwischen- und der radioaktiven Reststoffe.

Entwicklungsstand von Salzschmelzereaktoren

Salzschmelzereaktoren wurden in Form zweier Experimentalreaktoren zuletzt in den 1950er und 1960er Jahren in den USA betrieben. Aktuell wird in mehreren Ländern an der Weiterentwicklung dieser Technologie geforscht. Die Forschungsarbeiten finden sich in sehr unterschiedlichen Stadien und umfassen Konzeptstudien sowie theoretische und experimentelle Vorarbeiten. Am weitesten vorangeschritten ist die Entwicklung eines Experimentalreaktors in China (TMSR-LF1). Die Inbetriebnahme dieses seit 2018 erbauten Reaktors wurde im Sommer 2022 durch die chinesischen Behörden genehmigt.

Ein Reaktordesign, das meist zu den Salzschmelzereaktoren gezählt wird, ist der Dual-Fluid-Reaktor.

3.) Mit superkritischem Wasser gekühlter Reaktor (Supercritical-water-cooled Reactor – SCWR)

Der mit superkritischem Wasser gekühlte Reaktor ist aufgebaut wie ein , allerdings sind Druck und Temperatur so hoch, dass das Wasser nicht siedet; es befindet sich im sogenannten superkritischen (oder auch überkritischen) Zustand. Das Wasser zirkuliert in einem einfachen Kühlkreislauf und wird direkt in die Turbine gespeist.

Wie funktioniert der mit superkritischem Wasser gekühlte Reaktor?

Der mit superkritischem Wasser gekühlte Reaktor ist ein Kernreaktor, der superkritisches Wasser als Arbeitsmedium verwendet. Das Wasser befindet sich stets im superkritischen Zustand, hat also eine Temperatur von über 374 °C und einen Druck von mindestens 221 bar. Oberhalb dieses als „kritischer Punkt“ des Wassers bezeichneten Punkts finden keine Phasenübergänge statt, das heißt, das Wasser siedet und kondensiert nicht mehr.

Der Aufbau des Reaktors entspricht einem . In einem einfachen Kühlkreislauf wird das Wasser im Reaktorkern erhitzt und anschließend direkt in die Turbine gespeist. Im superkritischen Zustand verdampft das Wasser dabei nicht, anders als beim . Das Kühlmittel hat somit eine höhere Dichte und kann die Wärme effizienter aufnehmen und aus dem Kern transportieren. Die Kerntemperatur ist höher als bei Siede- und , der Druck liegt deutlich höher als bei (dort in der Regel maximal 160 bar).

Was sind die Vor- und Nachteile des mit superkritischem Wasser gekühlten Reaktors?

Der Aufbau des Reaktors ist einfach und der hoch (bis zu 45 %). Das spezielle Neutronenspektrum des superkritischen Leichtwasserreaktors weist neben thermischen auch schnelle auf. Durch diese findet eine langlebiger in kurzlebigere statt, der abgebrannte Kernbrennstoff strahlt also weniger lang.

Ein Nachteil ist, dass wie im die Turbine durch den direkten Kontakt mit dem Kühlwasser im Primärkreislauf radioaktiv wird. Der Druck im Kreislauf ist mit ca. 250 bar sehr hoch, weshalb der Reaktordruckbehälter sowie alle anderen Bauteile des Primärkreises dicker und stabiler ausgeführt werden müssen als bei herkömmlichen Leichtwasserreaktoren. Beschädigungen am Primärkreis bedeuten aufgrund des hohen Drucks auch eine erhöhte .

Entwicklungsstand von mit superkritischem Wasser gekühlten Reaktoren

Der Betrieb von Kohlekraftwerken mit superkritischem Wasser wurde erstmals in den 1950er Jahren erprobt und ist heute Standard bei Neubauprojekten. Die Übertragung des Konzepts in die Kerntechnik wurde spätestens seit den 1990er Jahren intensiver beforscht. Allerdings weisen Materialien, die in modernen Kohlekraftwerken eingesetzt werden, für den Einsatz im nuklearen Bereich keine ausreichende Korrosionsbeständigkeit auf. So gibt es weiteren relevanten Forschungs- und Entwicklungsbedarf in den Bereichen Hüllrohr- und Strukturmaterialien und Sicherheitsfunktionen.

Am weitesten fortgeschritten sind derzeit Designs aus China, der EU, Japan, Kanada, Korea, Russland und den USA. Die Entwicklung befindet sich aber insgesamt in einem frühen Stadium. Es ist derzeit noch keine Prototypanlage in Planung.

4.) Gasgekühlter Schneller Reaktor (Gas-cooled Fast Reactor – GFR)

In Gasgekühlten Schnellen Reaktoren wird der Kernbrennstoff mithilfe schneller gespalten. Diese haben eine höhere Bewegungsenergie als , die in Leichtwasserreaktoren verwendet werden. Ähnlich wie bei Hochtemperaturreaktoren findet dabei Helium als Kühlmittel Verwendung. Dadurch werden besonders hohe Austrittstemperaturen und ein gegenüber herkömmlichen Leichtwasserreaktoren erhöhter ermöglicht.

Wie funktioniert der Gasgekühlte Schnelle Reaktor?

Der Reaktor ist ähnlich wie ein klassischer () aufgebaut. Anstelle von Wasser wird jedoch Helium (denkbar sind auch andere Gase) als Kühlmittel verwendet. Als Brennstoff kommen , Thorium, oder Mischungen davon zum Einsatz. Anders als beim Hochtemperaturreaktor, welcher wie herkömmliche Leichtwasserreaktoren mit moderierten thermischen Neutronen arbeitet, wird der Brennstoff in schnellen Reaktoren mithilfe schneller gespalten. Daher ist die Verwendung eines s nicht notwendig. Die hohe Arbeitstemperatur von etwa 850 °C ermöglicht hohe Wirkungsgrade oder kann als Prozesswärme für Industrieprozesse genutzt werden.

Was sind die Vor- und Nachteile von Gasgekühlten Schnellen Reaktoren?

Der vorgesehene Aufbau des Reaktors ist relativ einfach und auf einen kann gänzlich verzichtet werden. Durch die Verwendung von unmoderierten kommt es zu en, wodurch weniger langlebiger Atommüll entsteht. Außerdem kann Helium als Kühlmittel auf sehr hohe Temperaturen erhitzt werden und wird selbst nicht radioaktiv.

Hier liegt auch der Nachteil der schnellen gasgekühlten Reaktoren, denn Helium ist nicht sehr wärmeleitfähig, wodurch sich erhöhte Anforderungen an die Kühlung des Reaktorkerns während des Betriebs, aber auch direkt nach Abschaltung ergeben. Aufgrund der hohen Temperaturen könnten zudem nur besonders hitzebeständige Werkstoffe zum Einsatz kommen. Eine zusätzliche Belastung entsteht durch den hohen Neutronenfluss. Die unmoderierten schnellen sind schwieriger abzuschirmen und dringen weiter in Materialien ein als moderierte . Dies beeinträchtigt die Lebensdauer dieser Materialien.

Entwicklungsstand von Gasgekühlten Schnellen Reaktoren

Arbeiten am Konzept des schnellen gasgekühlten Reaktors liefen seit den 1960er Jahren in den USA und Deutschland, später auch in Großbritannien und Japan. Seit den 2000er Jahren wird die Forschung vor allem von Frankreich vorangetrieben. Bis heute wurde allerdings noch kein heliumgekühlter Schneller Reaktor gebaut und betrieben.

Insbesondere für geeignete Brennstoffe sowie Hüllrohr- und Strukturmaterialien für die Hochtemperaturauslegung muss noch umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeit geleistet werden. Auch hinsichtlich notwendiger Sicherheitssysteme sowie allgemein Sicherstellung eines zuverlässigen und sicheren Betriebs sind viele Fragen ungeklärt. Insgesamt befindet sich die Entwicklung noch im Bereich der angewandten Forschung ohne existierende Prototypdesigns. Eine kommerzielle Nutzung zur Stromerzeugung oder für industrielle Anwendungen ist nicht absehbar.

5.) Natriumgekühlter Schneller Reaktor (Sodium-cooled Fast Reactor – SFR)

In Natriumgekühlten Schnellen Reaktoren wird der Kernbrennstoff mittels schneller gespalten. Der Reaktorkern befindet sich dabei in einem Kühlbecken (sogenannte Pool-Bauweise), welches mit flüssigem Natrium gefüllt ist. Ein sekundärer Natriumkreislauf nimmt die Wärme aus dem primärseitigen Natrium-Pool auf und leitet sie zur Verwendung für die Stromerzeugung aus dem Reaktorbehälter heraus.

Wie funktioniert der Natriumgekühlte Schnelle Reaktor?

Der Reaktorkern mit dem Brennstoff befindet sich in einem beckenförmigen Behälter, welcher mit flüssigem Natrium gefüllt ist. Natrium wird wegen seiner hohen Wärmekapazität und guten Leitfähigkeit verwendet. Es siedet im Betrieb nicht, sodass kein erhöhter Druck im Reaktorbehälter herrscht. Über einen Wärmetauscher innerhalb des Reaktorbehälters wird die Wärme vom primärseitigen Natrium auf einen Sekundärkreis übertragen, in welchem ebenfalls flüssiges Natrium zirkuliert. Aus diesem Sekundärkreis wird die Wärme auf einen wasserführenden Tertiärkreis ausgekoppelt, in welchem eine Turbine zur Stromerzeugung angetrieben wird.

Im Gegensatz zu vielen anderen Reaktorkonzepten kommen bei schnellen Reaktoren unmoderierte, schnelle zum Einsatz. Sie können in en zusätzliches Spaltmaterial aus nicht spaltbaren Isotopen wie -238 oder Thorium-232 produzieren. Nach einer Aufarbeitung kann das so entstehende Spaltmaterial als Kernbrennstoff verwendet werden.

Auch eine Reduktion der entstehenden langlebigen nuklearen Abfälle durch wird bei entsprechender des Reaktors und der Brennstofffertigung versprochen.

Was sind die Vor- und Nachteile von Natriumgekühlten Schnellen Reaktoren?

Dank seiner hohen Wärmekapazität kann das Natrium die Nachzerfallswärme der auch ohne Umwälzung vollständig aufnehmen. Fällt beispielsweise durch einen Stromausfall die Kühlung aus, wird somit eine Kernschmelze passiv verhindert. Im Fall eines Lecks tritt weniger Kühlmittel aus, da Primär- und Sekundärkreislauf drucklos arbeiten. Daher sollen sich hier Vorteile im Bereich Sicherheit ergeben.

Allerdings müssen spezifische Störfallrisiken wie Natrium-Leckagen und -brände berücksichtigt werden. Im Fall eines Kühlmittelaustritts muss ein Kontakt des sehr reaktionsfreudigen Natriums mit Wasser und Sauerstoff unterbunden werden, dafür sind zusätzliche Sicherheitsbarrieren notwendig. Das System ist komplex und vergleichsweise teuer, nicht zuletzt da es drei Kühlkreisläufe erfordert.

In früheren Jahrzehnten wurde die Möglichkeit, zusätzlichen Brennstoff in Reaktoren erbrüten zu können (), teilweise als Vorteil gesehen. Allerdings ergaben sich aufgrund der Menge der weltweiten Uranvorkommen keine wirtschaftlichen Vorteile einer solchen Anwendung in größerem Maßstab. Außerdem wird je nach Konfiguration waffentaugliches im Reaktor erbrütet. Dies erhöht Risiken bzgl. der Verbreitung von atomwaffenfähigem Material (Proliferation).

Hinsichtlich der Transmutation langlebiger Abfallstoffe muss festgestellt werden, dass so eine Anwendung bisher nicht zur Einsatzreife entwickelt werden konnte. Nach derzeitigem Forschungsstand wäre es nicht möglich, sämtliche radioaktiven Abfälle umzuwandeln. Zudem würden neue entstehen. Ein Vorteil für die z.B. in Deutschland verfolgte Endlagerstrategie ergäbe sich daher nicht.

Entwicklungsstand von Natriumgekühlten Schnellen Reaktoren

Der schnelle natriumgekühlte Reaktor war eines der ersten Reaktorkonzepte aus den Anfangszeiten der zivilen Atomenergienutzung. Natriumgekühlte Brutreaktoren waren und sind in mehreren Ländern im Einsatz. Auch im deutschen Forschungszentrum Karlsruhe lief von 1977 bis 1991 mit dem KNK-II eine derartige Versuchsanlage. Das auf derselben Technologie basierende Kalkar ging aufgrund von Sicherheitsbedenken nie in Betrieb.

In Russland und China laufen derzeit drei schnelle natriumgekühlte Reaktoren im kommerziellen Betrieb, weitere befinden sich dort sowie in Indien im Bau. Forschung und Entwicklung von Reaktorkonzepten der Technologielinie finden weltweit in einer Vielzahl von Ländern statt.

Das „Generation IV International Forum“ hat dem Entwicklungsprojekt höchste zeitliche Priorität eingeräumt. Geplant ist die Entwicklung eines fortgeschrittenen schnellen natriumgekühlten Reaktors mit der Möglichkeit zur Transmutation besonders langlebiger Abfallstoffe voranzutreiben und in den 2020er Jahren in eine Demonstrationsphase überzugehen. Die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten hierfür werden von China, EURATOM, Frankreich, Japan, Korea, Russland und den USA getragen.

6.) Bleigekühlter Schneller Reaktor (Lead-cooled Fast Reactor – LFR)

Der Bleigekühlte Schnelle Reaktor beruht auf mittels schneller . Als Kühlmittel werden Blei oder eine Blei-Bismut-Legierung verwendet. Der Primärkreislauf ist so konstruiert, dass das flüssige Metall aufgrund natürlicher Konvektion zirkuliert. Auf primärseitige Umwälzpumpen kann somit verzichtet werden. Die Stromerzeugung erfolgt über eine im Sekundärkreislauf angetriebene Turbine.

Wie funktioniert der Bleigekühlte Schnelle Reaktor?

Der Reaktor ist in Pool-Bauweise konstruiert, das heißt, dass sich der Reaktorkern in einem beckenförmigen Behälter befindet. Das Becken ist mit dem Kühlmittel befüllt, hierfür kommt flüssiges Blei oder eine Blei-Bismut-Legierung zum Einsatz. Das metallische Kühlmittel siedet im Betrieb nicht, sodass im Reaktorbehälter Normaldruck herrscht. Aufgrund der Aufheiz- und Abkühlvorgänge in den verschiedenen Zonen des Reaktorbehälters zirkuliert das Kühlmittel auf natürliche Weise, ohne dass eine Umwälzung durch Pumpen stattfinden muss. Die Wärme wird über einen Wärmetauscher auf einen Sekundärkreis übertragen, in welchem eine Turbine zur Stromerzeugung angetrieben wird.

Die im Reaktor zum Einsatz kommenden schnellen können je nach zusätzlichen Brennstoff erbrüten () oder potentiell eine Verringerung der langlebigen Abfallstoffe durch bewirken.

Was sind die Vor- und Nachteile von Bleigekühlten Schnellen Reaktoren?

Wie andere schnelle Reaktoren bietet der schnelle bleigekühlte Reaktor die Möglichkeiten, zusätzlichen Brennstoff zu erbrüten oder auch langlebige Abfallstoffe durch Transmutation in kurzlebigere oder stabile Stoffe umzuwandeln. Der Reaktorkern kann so dimensioniert werden, dass die pro Volumen entstehende Wärmemenge relativ gering ist. Die Blei-Legierung kann die gesamte Wärme in einer sich automatisch einstellenden Zirkulation abführen, es werden keine Primärkreispumpen benötigt. Der Primärkreis arbeitet außerdem drucklos. Zusätzlich hat Blei sehr gute Abschirmeigenschaften gegen die vom Brennstoff ausgehende .

Ein Nachteil des Systems ist, dass die Blei-Bismut-Legierung stets bei Temperaturen oberhalb ihres Schmelzpunktes (min. 123 °C) gehalten werden muss. Andernfalls verfestigt sie sich und der gesamte Reaktor wird unbrauchbar. Das Kühlmittel muss außerdem aufwändig filtriert werden. Blei und Bismut haben sehr hohe Dichten, sodass die Anlage aufgrund des enormen Gewichts stärkere Strukturen erfordert. Bismut ist zudem sehr selten und teuer.

Entwicklungsstand von Bleigekühlten Schnellen Reaktoren

Bereits in den 1940er bestand ein Forschungsprojekt zum schnellen bleigekühlten Reaktor in den USA, das 1950 eingestellt wurde. In der Sowjetunion wurden Reaktoren dieser zum Antrieb von U-Booten entwickelt, diese fanden bis 1996 Verwendung.

Seit den 1990er/2000er Jahren wird wieder vermehrt an dem Konzept geforscht. Unter anderem laufen in den USA, China, Russland, Südkorea und der EU diesbezügliche Forschungs- und Entwicklungsprojekte.

Besonders die Minimierung von Korrosions- und Erosionsrisiken durch das im Primärkreislauf zirkulierende Flüssigmetall sowie die Filtrierung des Kühlmittels stellen aktuell noch zu lösende Probleme bei der Entwicklung dar.

7.) Beschleunigergetriebener unterkritischer Reaktor (Accelerator-driven Systems – ADS)

Konzepte für beschleunigergetriebene Reaktoren kombinieren einen unterkritischen Reaktorkern, in welchem keine selbsterhaltende Kernspaltungs-Kettenreaktion zustande kommen kann, mit einer externen Neutronenquelle, welche die für die Kernspaltung notwendigen Neutronen zur Verfügung stellt. Die Neutronenquelle ist beschleunigergetrieben, das heißt, sie arbeitet mithilfe eines Teilchenbeschleunigers. Die Leistung des Reaktors soll direkt über die Leistung des externen Teilchenbeschleunigers gesteuert werden können. Wird der Beschleuniger (und damit die Neutronenquelle) abgeschaltet, kommen die Kernspaltungsreaktionen zum Erliegen.

Wie funktioniert der beschleunigergetriebene unterkritische Reaktor?

Wesentlich für die Funktion des Reaktors ist die räumliche Integration einer Neutronenquelle in den Reaktorkern. Hierfür wird eine sogenannte Spallationsquelle vorgesehen. Mithilfe eines externen Teilchenbeschleunigers (Protonen-Beschleuniger) werden Protonen auf ein Stück Schwermetall im Reaktorkern geschossen. Die Protonen zerschmettern die Atome des Schwermetalls in kleinere Bruchstücke. Bei diesem als bezeichneten Vorgang werden hochenergetische (schnelle) frei, die im Kernbrennstoff Spaltungsreaktionen verursachen und dabei weitere erzeugen, die wiederum für Spaltprozesse zur Verfügung stehen.

Die Konstruktion des Reaktors soll sich an anderen Schnellen Reaktoren orientieren und wird als Pool-System vorgesehen, bei dem der Reaktorkern sich in einem beckenförmigen Behälter befindet. Das Becken ist mit Blei oder einer Blei-Bismut-Legierung als Kühlmittel gefüllt. Die Spallations-Neutronenquelle ist zentral im Reaktorkern angeordnet. Von ihr ausgehende bewirken Spaltungsreaktionen im Brennstoff, wobei weitere frei werden. Die in Form von Wärme frei werdende Energie wird auf das Kühlmittel übertragen. Über einen Wärmetauscher geht die Wärme auf einen Sekundärkreis über und steht zur Stromerzeugung zur Verfügung.

Was sind die Vor- und Nachteile des beschleunigergetriebenen unterkritischen Reaktors?

Neben den sich aus der Bleikühlung ergebenden Vorteilen (siehe hierzu Bleigekühlter Schneller Reaktor) soll die beschleunigergetriebene zusätzliche Sicherheitsvorteile mit sich bringen. Insbesondere ist die Leistung des Reaktors direkt von der Leistung des Beschleunigers abhängig – wird dieser abgeschaltet, kommt die Kettenreaktion sofort zum Erliegen. Danach muss wie bei herkömmlichen Reaktoren die Nachzerfallswärme abgeführt werden, sodass reguläre und Notkühlsysteme ebenfalls erforderlich sind.

Hinsichtlich der Brennstoffzusammensetzung sollen beschleunigergetriebene Systeme aufgrund der externen ssteuerung besonders flexibel sein, sodass ihnen eine besondere Eignung zur langlebiger Abfallstoffe zugesprochen wird.

Zu den Nachteilen der Bleikühlung kommen große Herausforderungen bei der Entwicklung geeigneter Systeme, insbesondere der squellen und den dafür notwendigen Beschleunigern. Die Protonen-Beschleuniger sind kostspielig und groß. Für beschleunigergetriebene unterkritische Systeme wären zudem besonders zuverlässige und langlebige Beschleuniger vonnöten. Darüber hinaus muss die Wärmeabfuhr aus dem mit Protonen beschossenen Schwermetallstück sichergestellt werden. Außerdem ist permanent ein Teil des erzeugten Stroms für den Betrieb des Beschleunigers aufzuwenden.

Entwicklungsstand von beschleunigergetriebenen unterkritischen Reaktoren

In den 1950er Jahren entstand die Idee, Kernbrennstoff mithilfe von Spallations-Neutronenquellen zu erbrüten. Konzepte und erste Experimente wurden in den USA, später u. a. auch in Kanada und Russland erarbeitet. Aufgrund des Fortschritts der Beschleuniger-Technologie erhielt das Konzept ab den 1990er Jahren neue Aufmerksamkeit. Auch wenn sich seither in mehreren Ländern Reaktorsysteme in der Entwicklung befinden, wurden bisher nur Spallationsquellen für Forschungszwecke verwirklicht. Eine Demonstration der Kombination von Spallationsquelle und unterkritischem Reaktor sieht derzeit beispielsweise das europäische MYRRHA-Pilotprojekt in Belgien vor, das nach derzeitigem Planungsstand voraussichtlich in den 2030er Jahren in den Betrieb gehen soll.

Stand: 21.03.2024