Abschaltung des Atomkraftwerks Grohnde
Das Atomkraftwerk Grohnde in Niedersachsen ging am 31. Dezember 2021 vom Netz. Anfang 2024 haben die Rückbauarbeiten im Atomkraftwerk begonnen.
Die wichtigsten Fakten zum Atomkraftwerk Grohnde
Das Grohnde im Landkreis Hameln-Pyrmont in Niedersachsen wurde zum 31.Dezember 2021 endgültig abgeschaltet. Hintergrund ist die Entscheidung des Deutschen Bundestags vom 30. Juni 2011 zum Ausstieg aus der Atomenergie.
Das AKW Grohnde verfügte über eine elektrische Nettoleistung von 1.360 MW. In seiner Gesamtlaufzeit von über 37 Jahren hat das KKW Grohnde seit der Netzsynchronisation im Jahr 1984 bis zur Abschaltung Ende 2021 eine Strommenge von ca. 387 Milliarden Kilowattstunden erzeugt.
Am Standort des AKW Grohnde befindet sich ein Standortzwischenlager für hochradioaktive Abfälle, das als Trockenlager konzipiert ist und zur Einlagerung von bestrahlten Brennelementen in Transport- und Lagerbehältern dient. Am 27. April 2006 wurde es mit der Einlagerung des ersten Behälters (Typ CASTOR® V/19) in Betrieb genommen. Die Betriebsgenehmigung umfasst eine Kapazität von 100 Behälterstellplätzen, von denen 40 belegt sind (Stand 27. April 2023).
Vom Bau bis zum Abriss
Nach der Abschaltung eines schließt sich zunächst eine Nachbetriebsphase an. Diese dauert mehrere Jahre. Erst danach kann die Stilllegungsgenehmigung umgesetzt werden, mit der das Atomkraftwerk endgültig rückgebaut werden kann. Diese selbst dauert erneut zwischen 10 und 20 Jahren. Erst danach kann das Kraftwerk aus der atomrechtlichen Überwachung entlassen werden.
Die Phasen der Kraftwerksstilllegung
Die Stilllegung kerntechnischer Anlagen erfolgt am Ende der Betriebszeit und durchläuft verschiedene Phasen:
Abschaltung
Die Außerbetriebnahme eines beginnt mit der endgültigen Abschaltung des Reaktors - diese erfolgt in der Regel nach mehreren Jahren des Leistungsbetriebs. Die endgültige Abschaltung unterscheidet sich technisch nicht von einem betriebsbedingten Herunterfahren (z.B. im Rahmen von regelmäßigen Anlagenrevisionen) und wird vom selbst vorgenommen.
Nachbetriebsphase und Stilllegung
Nach der endgültigen Abschaltung eines folgt die Nachbetriebsphase, die sich bis zur Inanspruchnahme einer Genehmigung für die und den Abbau erstreckt.
In der Nachbetriebsphase werden die aus dem Reaktor entladen und im innerhalb des Atomkraftwerks gelagert. Erst wenn die und damit auch die Wärmeentwicklung im bestrahlten Brennstoff weit genug zurückgegangen ist, können die Brennelemente in Lagerbehälter umgeladen werden. Dann kommen sie ins Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände.
Außerdem können erste Anlagenteile dekontaminiert und eine Art radiologische Inventur der ganzen Anlage gemacht werden, um den Aktivierungs- und Kontaminierungsgrad der Anlage zu bestimmen.
Die Nachbetriebsphase unterliegt noch der Betriebsgenehmigung des Kraftwerks. Erst für die sich anschließende Stilllegung und den Abbau ist eine eigene Genehmigung erforderlich. Das Genehmigungsverfahren schließt insbesondere Aspekte des Strahlenschutzes und mögliche Auswirkungen auf die Umwelt mit ein.
Rückbau
Mit der Erteilung der Stilllegungsgenehmigung kann ein in den Rückbau übergehen.
Die Art und Weise des Rückbaus – sprich das konzeptionelle Vorgehen oder die Strategie – ist stark von der (Einzelblock- oder Mehrblockanlage), dem Typ (SWR, DWR, Prototypreaktor), dem radiologischen Zustand (Aktivierung und Kontamination), einer ggf. geplanten Zwischennutzung (, Abfallkonditionierungsstation) und dem Rückbauziel (Nachnutzung oder vollständiger Rückbau) abhängig. Deshalb ist für jede Anlage eine eigene Stilllegungs- und Abbaugenehmigung erforderlich.
Im kernnahen Bereich und den zugehörigen Anlagenteilen – im sogenannten Primärkreis – werden zunächst Arbeiten zur Dekontamination durchgeführt. Vorhandene Ablagerungen werden bei der Primärkreisdekontamination unter Anwendung eines speziellen Verfahrens entfernt. Dies trägt zur Reduzierung der radiologischen Belastung vor dem Rückbau bei.
Anschließend erfolgt die Demontage der Primärkreiskomponenten, wie beispielsweise Hauptkühlmittelpumpen oder Dampferzeuger. Dazu können zwei Vorgehensweisen zur Anwendung kommen:
- Ausbau aus Einbaulage und Herausbringen im Ganzen oder in großen Teilen. Anschließendes Zuführen zur Abklinglagerung oder
- In-Situ-Zerlegung, d.h. kleinteilige Zerlegung der Anlagenteile innerhalb des Reaktorgebäudes
Die wesentliche Komponente des Primärkreises ist der Reaktordruckbehälter (RDB). Hier befanden sich während der Betriebsphase die Brennelemente und dort lief die Kettenreaktion zur Energieerzeugung ab. Nach ihrer Nutzung wurden die Brennelemente aus dem RDB entladen und anschließend kann – sofern die entsprechende Stilllegungs- und Rückbaugenehmigung vorliegt - mit der Zerlegung des RDB und -Einbauten begonnen werden. Für die Zerlegung des Reaktordruckbehälters und der zugehörigen Einbauten werden fernbediente bzw. fernhantierte Zerlege- und Verpackungstechniken genutzt. Zusätzlich werden diese Tätigkeiten in der Regel Unterwasser, d.h. bei Wasserüberdeckung, durchgeführt. Hierbei nutzt man die gute Abschirmwirkung des Wassers und erreicht so eine weitere Reduzierung der vorhandenen Aktivität. Bei der Zerlegung anfallende Materialstücken können dabei weitestgehend im Wasser gebunden und durch vorhandene Filtereinrichtungen abgetrennt und geeignet entsorgt werden.
Die weitere Demontage erfolgt in der Regel „von außen nach innen“, d.h. die Rückbauarbeiten beginnen in reaktorferneren Bereichen und arbeiten sich immer weiter zu den zentralen Bereichen des Kontrollbereiches vor. Nach dieser Entkernung bleiben nur noch die leeren, dekontaminierten Gebäudestrukturen übrig, die dann nach Freigabe konventionell abgerissen werden können.
Der und die Freigabe unterliegen der strengen Kontrolle der Aufsichtsbehörde. In Deutschland wurden bisher drei Kernkraftwerke vollständig zurückgebaut.
In den Berichten und Übersichten stellt das BASE regelmäßig Informationen zum Status der kerntechnischen Anlagen in Deutschland bereit.
Meldepflichtige Ereignisse im AKW Grohnde
Was sind meldepflichtige Ereignisse?
Bei meldepflichtigen Ereignissen handelt es sich um Unfälle, Störfälle oder sonstige für die kerntechnische Sicherheit bedeutsame Ereignisse, die in kerntechnischen Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschland auftreten. Diese Ereignisse müssen vom der Anlage an die jeweils zuständige Landesaufsichtsbehörde gemeldet werden. Grundlage ist die Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung (AtSMV).
Während der gesamten Betriebslaufzeit kam es im Atomkraftwerk Grohnde zu 279 meldepflichtigen Ereignissen gemäß AtSMV (Stand Oktober 2021, Daten der Störfallmeldestelle).
In den Monats- und Jahresberichten veröffentlicht die Störfallmeldestelle des BASE Informationen zu allen meldepflichtigen Ereignissen in kerntechnischen Anlagen in Deutschland.
Grohnde – Rückblick auf eine bewegte Geschichte
Das AKW Grohnde blickt auf eine bewegte Geschichte zurück: Im Jahr 1977 versammelten sich mehr als 20.000 Demonstrierende zu Protesten, um gegen den Bau des zukünftigen Atomkraftwerks zu demonstrieren. Die Situation eskalierte, es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und Polizei.
Stand: 26.02.2024