Abschaltung der Atomkraftwerke Isar 2, Emsland & Neckarwestheim 2
Die letzten drei Atomkraftwerke gingen am 15. April 2023 nach einem befristeten Streckbetrieb vom Netz. Damit war der Atomausstieg in Deutschland vollzogen.
Abschaltung nach befristeten Streckbetrieb
Aufgrund der Energiekrise sind die drei Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 über das geplante Abschaltdatum Ende 2022 im sog. weitergelaufen ‒ am 15. April 2023 sind die drei Kraftwerke endgültig abgeschaltet worden. Der Einsatz neuer war während des Streckbetriebs nicht zulässig.
Die wichtigsten Fakten zu den Kraftwerken
Isar 2 in Bayern
- Gemeinde: Markt Essenbach, Landkreis Landshut
- Gewässer zur Kühlung: Isar
- : PreussenElektra GmbH
- Typ: Druckwasserreaktor
- Beginn Leistungsbetrieb: 1988
- elektrische Bruttoleistung: 1.485 MW
- erzeugte Strommenge insgesamt: über 379 TWh (Stand: 31.12.2022)
- Aufsichts- und Genehmigungsbehörde: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV)
Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg
- Gemeinde: Neckarwestheim im Landkreis Heilbronn
- Gewässer: Neckar
- Betreiber: EnBW Kernkraft GmbH
- Typ: Druckwasserreaktor
- Beginn Leistungsbetrieb: 1989
- elektrische Bruttoleistung: 1.400 MW
- erzeugte Strommenge insgesamt: über 349 TWh (Stand: 31.12.2022)
- Aufsichts- und Genehmigungsbehörde: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg
Emsland in Niedersachsen
- Stadt: Lingen im Landkreis Emsland
- Gewässer zur Kühlung: Ems
- Betreiber: Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH
- Typ: Druckwasserreaktor
- Beginn Leistungsbetrieb/Inbetriebnahme: 1988
- erzeugte Strommenge insgesamt: über 371 TWh (Stand: 31.12.2022)
- elektrische Bruttoleistung: 1.406 MW
- Aufsichts- und Genehmigungsbehörde: Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (MU)
Der Lebenszyklus eines Atomkraftwerks: Vom Bau bis zum Abriss
Nach der Abschaltung eines Atomkraftwerks schließt sich zunächst eine Nachbetriebsphase an. Diese dauert mehrere Jahre. Erst danach kann die Stilllegungsgenehmigung umgesetzt werden, mit der das Kraftwerk endgültig rückgebaut werden kann. Diese Stilllegung selbst dauert erneut zwischen 10 und 20 Jahren. Erst danach kann das Kraftwerk aus der atomrechtlichen Überwachung entlassen werden.
Folgende Phasen nach der Abschaltung können unterschieden werden:
Abschaltung
Die Außerbetriebnahme eines beginnt mit der endgültigen Abschaltung des Reaktors - diese erfolgt in der Regel nach mehreren Jahren des Leistungsbetriebs. Die endgültige Abschaltung unterscheidet sich technisch nicht von einem betriebsbedingten Herunterfahren (z.B. im Rahmen von regelmäßigen Anlagenrevisionen) und wird vom selbst vorgenommen.
Nachbetriebsphase und Stilllegung
Nach der endgültigen Abschaltung eines folgt die Nachbetriebsphase, die sich bis zur Inanspruchnahme einer Genehmigung für die und den Abbau erstreckt.
In der Nachbetriebsphase werden die aus dem Reaktor entladen und im innerhalb des Atomkraftwerks gelagert. Erst wenn die und damit auch die Wärmeentwicklung im bestrahlten Brennstoff weit genug zurückgegangen ist, können die Brennelemente in Lagerbehälter umgeladen werden. Dann kommen sie ins Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände.
Außerdem können erste Anlagenteile dekontaminiert und eine Art radiologische Inventur der ganzen Anlage gemacht werden, um den Aktivierungs- und Kontaminierungsgrad der Anlage zu bestimmen.
Die Nachbetriebsphase unterliegt noch der Betriebsgenehmigung des Kraftwerks. Erst für die sich anschließende Stilllegung und den Abbau ist eine eigene Genehmigung erforderlich. Das Genehmigungsverfahren schließt insbesondere Aspekte des Strahlenschutzes und mögliche Auswirkungen auf die Umwelt mit ein.
Rückbau
Mit der Erteilung der Stilllegungsgenehmigung kann ein in den Rückbau übergehen.
Die Art und Weise des Rückbaus – sprich das konzeptionelle Vorgehen oder die Strategie – ist stark von der (Einzelblock- oder Mehrblockanlage), dem Typ (SWR, DWR, Prototypreaktor), dem radiologischen Zustand (Aktivierung und Kontamination), einer ggf. geplanten Zwischennutzung (, Abfallkonditionierungsstation) und dem Rückbauziel (Nachnutzung oder vollständiger Rückbau) abhängig. Deshalb ist für jede Anlage eine eigene Stilllegungs- und Abbaugenehmigung erforderlich.
Im kernnahen Bereich und den zugehörigen Anlagenteilen – im sogenannten Primärkreis – werden zunächst Arbeiten zur Dekontamination durchgeführt. Vorhandene Ablagerungen werden bei der Primärkreisdekontamination unter Anwendung eines speziellen Verfahrens entfernt. Dies trägt zur Reduzierung der radiologischen Belastung vor dem Rückbau bei.
Anschließend erfolgt die Demontage der Primärkreiskomponenten, wie beispielsweise Hauptkühlmittelpumpen oder Dampferzeuger. Dazu können zwei Vorgehensweisen zur Anwendung kommen:
- Ausbau aus Einbaulage und Herausbringen im Ganzen oder in großen Teilen. Anschließendes Zuführen zur Abklinglagerung oder
- In-Situ-Zerlegung, d.h. kleinteilige Zerlegung der Anlagenteile innerhalb des Reaktorgebäudes
Die wesentliche Komponente des Primärkreises ist der Reaktordruckbehälter (RDB). Hier befanden sich während der Betriebsphase die Brennelemente und dort lief die Kettenreaktion zur Energieerzeugung ab. Nach ihrer Nutzung wurden die Brennelemente aus dem RDB entladen und anschließend kann – sofern die entsprechende Stilllegungs- und Rückbaugenehmigung vorliegt - mit der Zerlegung des RDB und -Einbauten begonnen werden. Für die Zerlegung des Reaktordruckbehälters und der zugehörigen Einbauten werden fernbediente bzw. fernhantierte Zerlege- und Verpackungstechniken genutzt. Zusätzlich werden diese Tätigkeiten in der Regel Unterwasser, d.h. bei Wasserüberdeckung, durchgeführt. Hierbei nutzt man die gute Abschirmwirkung des Wassers und erreicht so eine weitere Reduzierung der vorhandenen Aktivität. Bei der Zerlegung anfallende Materialstücken können dabei weitestgehend im Wasser gebunden und durch vorhandene Filtereinrichtungen abgetrennt und geeignet entsorgt werden.
Die weitere Demontage erfolgt in der Regel „von außen nach innen“, d.h. die Rückbauarbeiten beginnen in reaktorferneren Bereichen und arbeiten sich immer weiter zu den zentralen Bereichen des Kontrollbereiches vor. Nach dieser Entkernung bleiben nur noch die leeren, dekontaminierten Gebäudestrukturen übrig, die dann nach Freigabe konventionell abgerissen werden können.
Der und die Freigabe unterliegen der strengen Kontrolle der Aufsichtsbehörde. In Deutschland wurden bisher drei Kernkraftwerke vollständig zurückgebaut.
In den Berichten und Übersichten stellt das BASE regelmäßig Informationen zum Status der kerntechnischen Anlagen in Deutschland bereit.
Meldepflichtige Ereignisse in den Atomkraftwerken
Was sind meldepflichtige Ereignisse?
Bei meldepflichtigen Ereignissen handelt es sich um Unfälle, Störfälle oder sonstige für die kerntechnische Sicherheit bedeutsame Ereignisse, die in kerntechnischen Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschland auftreten. Diese Ereignisse müssen vom der Anlage an die jeweils zuständige Landesaufsichtsbehörde gemeldet werden. Grundlage ist die Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung (AtSMV).
Doch wie oft kam es in den drei noch laufenden Atomkraftwerken zu meldepflichtigen Ereignissen? Während der gesamten Betriebslaufzeit wurde folgende Anzahl gemeldet (Stand 31. Januar 2023, Daten der Störfallmeldestelle):
- Isar 2: 109
- Emsland: 172
- Neckarwestheim 2: 131
In den Monats- und Jahresberichten veröffentlicht die Störfallmeldestelle des BASE Informationen zu allen meldepflichtigen Ereignissen in in Deutschland.
Stand: 17.04.2023