Dokumente sammeln und bewahren
Die wichtigsten Informationen über das Endlager sollen für 500 Jahre gesichert werden. Viele Fakten und Erkenntnisse liegen nur auf Papier, als Fotografie oder großformatige Pläne vor – wie können diese Akten vor Alterung geschützt werden? Dazu forscht das BASE. Es muss zudem sicherstellen, dass digitale Daten trotz technischer Weiterentwicklung zugänglich bleiben.
Das soll Mensch und Umwelt für eine Million Jahre vor den radioaktiven Stoffen schützen.
Gemäß seinem gesetzlichen Auftrag sammelt das BASE gesellschaftlich und sicherheitstechnisch Relevantes über das und die eingelagerten Stoffe.
Die Informationen werden in analoger und digitaler Form aufbewahrt. Über den Zeitpunkt des Endlagerverschlusses hinaus und für mindestens 500 Jahre danach sollen diese gesicherten und aufbereiteten Informationen zur Verfügung stehen. Das BASE steht damit vor einer Herausforderung: Es muss über solche Zeiträume ein institutionelles Bewusstsein für die Bedeutung der systematisch zusammengestellten Unterlagen bewahren. Schrittweise wird es so zum „Gedächtnis der nuklearen Entsorgung“ in Deutschland werden.
Das BASE wird voraussichtlich an zwei voneinander getrennten Standorten in Deutschland Archive betreiben. So wird sichergestellt, dass bei einem Ausfall eines Archivs mindestens noch eine Kopie bzw. ein zweiter vollständiger Datensatz vorhanden ist.
Umfangreiche Daten und Dokumente
Der Umfang der zu dokumentierenden Daten und Dokumente wird zunächst weitreichend angesetzt. Organisationen der nuklearen Entsorgung übermitteln dem BASE Daten und Dokumente u. a.
- zur Geschichte des Standorts Gorleben
- zur unmittelbaren Vorgeschichte des Standortauswahlverfahrens,
- zu den Beratungen der Endlagerkommission,
- aus der Zwischenlagerung,
- zu allen Schritten im Standortauswahlverfahren einschließlich der Öffentlichkeitsbeteiligung,
- zur Errichtung, zum Betrieb und zur Stilllegung des Endlagers sowie
- zu den eingelagerten Abfällen.
Von den ersten Schritten für ein bis hin zu den Maßnahmen nach seinem Verschluss entsteht eine große Anzahl an Dokumenten. Diese muss zunächst vollständig erhalten werden. Danach müssen aus dieser Menge Daten und Dokumente für die langfristige Aufbewahrung ausgewählt werden.
Eine internationale Expertengruppe formulierte 2019 Empfehlungen zur Erstellung von spezifischen Informationsbeständen:
das Key Information File (KIF)
Für das KIF werden grundlegende Informationen, die sogenannten „Schlüsselinformationen“, in einem relativ knappen Einzeldokument in allgemein verständlicher Sprache zusammengefasst. Es dient in erster Linie dem Erhalt der Kenntnis über den Endlagerstandort und richtet sich an die gesamte Bevölkerung.
das Set of Essential Records (SER)
Das SER, also der „Satz wesentlicher Unterlagen“, bündelt wichtige Daten und Fachdokumente in viel größerem Umfang. Sie dienen in erster Linie dem Verständnis der Sicherheit des Endlagers und der Einschätzung der potentiellen Gefahr.
Analoge Bestände aufbewahren
Zu den im BASE aufzubewahrenden analogen Beständen gehören sämtliche physischen Informationsträger. Dazu zählen Akten in Papierform genauso wie Fotografien und auch großformatige Pläne.
Bis in die 1990er Jahre wurden Informationen überwiegend auf Papierdokumenten erfasst, verwendet und aufbewahrt. Die Verwendung minderwertiger Bestandteile bei vergangener Papierherstellung beschleunigen heutzutage deren Zerfall. Vor der dauerhaften Aufbewahrung von Papierunterlagen werden deshalb Erhaltungsmaßnahmen ergriffen und besondere Lagerbedingungen hergestellt.
Dazu zählen:
- der Erhalt und die Überwachung günstiger klimatischer Bedingungen für analoge Medien wie Papierbögen oder Fotografien
- die Verwendung zertifizierter Schutzverpackungen für papierbasierte Dokumente wie Akten, Pläne und Mappen
- ein integriertes Schädlingskontrollprogramm
- eine Risiko- und Notfallplanung zum Schutz vor externen Einflüssen
Das BASE hat in diesem Zusammenhang ein Forschungsvorhaben zur Langzeitbeständigkeit von Papier (Labest Papier) in Auftrag gegeben. Ziel war es, einen langlebigen Schreib- und Druckstoff auf Basis diverser Papier- und Tintensorten zu bestimmen.
Digitale Bestände aufbewahren
Daten und Dokumente werden heutzutage fast ausschließlich digital erstellt und können mehrheitlich nur digital sinnvoll genutzt werden. So können etwa Computer-Simulationen oder virtuelle 3D-Modelle auf Papier nicht sinnvoll verarbeitet werden. Auch ist die Ausgangsmenge an Daten und Dokumenten zu groß, um sie analog effizient zu nutzen. Aus diesen Gründen baut das BASE ein digitales Archiv auf und nimmt sich der sogenannten digitalen Langzeitarchivierung an.
Der Begriff „Langzeit“ bezeichnet dabei keine genau definierte Zeitspanne, sondern Zeiträume, in denen technische und gesellschaftliche Veränderungen die Nutzbarkeit der Informationen behindern können. „Archivieren“ digitaler Informationen bedeutet nicht nur Speicherung auf Datenträgern, sondern eine Reihe von Herausforderungen für die Nutzbarkeit digitaler Daten zu adressieren.
Diese sind z.B.:
- Typische digitale Speichermedien sind im Vergleich zu analogen Datenträgern (wie z.B. Papier) fehleranfälliger, voraussetzungsreicher (z.B. Lesegeräte benötigt) und veralten schneller.
- Die Software zur Nutzung der Daten entwickelt sich weiter. Nicht immer können ältere Daten mit der verfügbaren Software-Umgebung problemlos genutzt werden.
- Auch die digitale Infrastruktur eines Langzeitarchivs ist somit komplex und muss regelmäßig aktualisiert werden.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen sind unterschiedliche Maßnahmen notwendig:
- Ein Datenverlust kann beispielsweise durch lokale Katastrophen wie Brände hervorgerufen werden. Um dem vorzubeugen sollten mehrere Kopien der Daten an unterschiedlichen geographischen Orten unabhängig voneinander gespeichert werden.
- Die Anwendung bewährter Methoden der Langzeitarchivierung, wie z. B. das Handeln gemäß der DIN 31644 „Kriterien für vertrauenswürdige digitale Langzeitarchive“, ist eine Grundlage der fachlichen Arbeit. Das BASE strebt eine Zertifizierung für das entstehende digitale Langzeitarchiv nach DIN 31644 an.
- Für den fachlichen Austausch und die Ausarbeitung gemeinsamer Lösungsansätze engagiert sich das BASE in nationalen und internationalen Netzwerken, wie z. B. NESTOR und OECD NEA.
Forschungsvorhaben zur langfristigen Datenspeicherung
Es gibt auch international Wissenslücken, die durch Forschungsvorhaben geschlossen werden sollen.
Durch das laufende Forschungsvorhaben Langzeitbeständigkeit von Digitalen Speichermedien (Labest Digital) erwartet das BASE einen Überblick, wie bereits vorhandene und künftige Daten und Dokumente möglichst effizient und lange gespeichert werden können.
Stand: 19.02.2024