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Umweltausschuss: Präsident König zum Stand der Endlagersuche

Stellungnahme zum öffentlichen Fachgespräch „Stand und Probleme der Phase 1 in der Endlagersuche“ des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit des Deutschen Bundestages am 13.03.2019 in Berlin

Im Rahmen eines öffentlichen Fachgesprächs des Umweltausschusses des Deutschen Bundestages am 13. März 2019 nahm der Präsident des Bundesamts für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE), Wolfram König, Stellung zum aktuellen Stand in der Startphase der Endlagersuche.

Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung Wolfram KönigWolfram König, Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung Quelle: BASE

Bundestag und Bundesrat haben vor knapp zwei Jahren mit breiten Mehrheiten die Novellierung des Standortauswahlgesetzes (StandAG) beschlossen. Ziel ist es demnach, bis 2031 einen Endlagerstandort für hochradioaktive Abfälle mit der bestmöglichen Sicherheit zu finden. Der Bundestag trifft zu wichtigen Meilensteinen im Verfahren per Gesetz die Entscheidungen.

Dem Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) obliegt als neu errichteter Bundesoberbehörde die Aufsicht über die Durchführung des Verfahrens durch das Unternehmen Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE mbH). Das BfE ist zudem verantwortlich für die Information der Öffentlichkeit über das Verfahren sowie die Beteiligung der Öffentlichkeit. Das Nationale Begleitgremium (NBG) hat die gesetzliche Aufgabe, das Verfahren vermittelnd und unabhängig zu begleiten und zum Vertrauensaufbau beizutragen.

Derzeit befindet sich das Standortauswahlverfahren in einer frühen Phase. Der Vorhabenträger, die BGE mbH, hat die erste räumliche Eingrenzung günstiger Gebiete in Form des sogenannten Zwischenberichts Teilgebiete für Mitte 2020 angekündigt.

Vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der Startphase des Verfahrens ist aus Sicht des BfE folgendes Zwischenergebnis festzuhalten:

  1. Die Neuorganisation der Zuständigkeiten im Bereich der nuklearen Entsorgung hat die Voraussetzungen für klare Verantwortlichkeiten und eine glaubwürdige Durchführung der Standortsuche geschaffen.


  2. Ein Vertrauensaufbau in das neue Institutionengefüge gelingt, wenn der vom Gesetzgeber jeweils zugewiesene Auftrag konsequent verfolgt wird: Der Vorhabenträger BGE mbH führt die Suche durch und macht aus fachlicher Sicht Vorschläge. Er informiert die Öffentlichkeit über die von ihm vorgenommenen Maßnahmen. Das BfE wacht über die Gesetzeseinhaltung, bewertet Sicherheitsfragen und informiert die Öffentlichkeit systematisch und umfassend über das Standortauswahlverfahren. Darüber hinaus ist das BfE der Träger der Öffentlichkeitsbeteiligung. Das NBG begleitet das Verfahren, kann Einsicht nehmen und Stellungnahmen abgeben. Die Politik entscheidet jeweils auf den dadurch erarbeiteten Grundlagen. Die Akteure haben den gemeinsamen Auftrag für eine sichere Endlagerung, nehmen dabei aber unterschiedliche Rollen und Entscheidungsverantwortungen wahr. Wenn dies in einem transparenten, nachvollziehbaren Verfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit geschieht, werden die jeweiligen Akteure in ihren Verantwortungsbereichen wahrgenommen, wodurch Vertrauen aufgebaut werden kann. Die Erfahrungen aus der bis 2016 gültigen Aufgabenverteilung haben gezeigt, dass eine Vorwegnahme politischer Erwägungen bereits auf exekutiver Ebene die Glaubwürdigkeit des Prozesses nachhaltig beschädigen kann.

  3. Die drei zentralen Akteure BfE, BGE mbH und NBG haben einen Modus der Zusammenarbeit aufgebaut. Das BfE hat seine aufsichtliche Tätigkeit gegenüber der BGE mbH im Standortauswahlverfahren etabliert. BfE und BGE mbH pflegen einen regelmäßigen Austausch mit dem NBG.

  4. Die Spekulationen, dass die Sicherung potentieller Standorte nach § 21 StandAG zu einer unverhältnismäßigen Behinderung geologischer Vorhaben führe, sind durch die vorliegenden praktischen Erfahrungen widerlegt.

  5. Der Gesetzgeber hat dem BfE die Verantwortung für die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung übertragen. Die Fachkonferenz Teilgebiete ist nach dem StandAG das erste formale Beteiligungsformat. Sie wird vom BfE einberufen, sobald die BGE mbH ihre Vorschläge für Teilgebiete vorgelegt hat. Da das StandAG nur wenige Vorgaben zur Gestaltung der Fachkonferenz beinhaltet, wird im Vorfeld die Ausgestaltung der Konferenz mit beteiligten Akteuren zu diskutieren sein.

  6. Obwohl das StandAG eine formale Beteiligung erst für die Fachkonferenz Teilgebiete vorsieht, hat das BfE im August 2018 ein Konzept für die Öffentlichkeitsbeteiligung in der Startphase der Standortauswahl vorgelegt und mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis, dem NBG und in öffentlichen Veranstaltungen diskutiert. Parallel dazu bietet das BfE bereits zielgruppenspezifische Informations- und informelle Beteiligungs-angebote an und entwickelt diese weiter. Die im StandAG vorgesehene Informationsplattform für alle wesentlichen Dokumente des BfE und der BGE mbH zum Standortauswahlverfahren ist etabliert. Da Information eine Grundvoraussetzung für Beteiligung darstellt, strebt das BfE neben bereits etablierten multimedialen Informationsangeboten (Print, Internet, mobile Ausstellungen, Animationen) eine bundesweite Informationskampagne an. Damit soll gezielt im Vorfeld der Fachkonferenz Teilgebiete die Aufmerksamkeit für das Thema Endlagersuche in der Öffentlichkeit gestärkt werden.

  7. Der Standortauswahlprozess ist mit großen politischen Mehrheiten beschlossen worden. Das gemeinschaftliche Bekenntnis zur Verantwortungs-übernahme von Bund und Ländern zur Suche nach dem bestmöglich sicheren Standort in Deutschland ist wesentlich für das Gelingen schon beim Beginn des Auswahlverfahrens. Spätestens wenn die erste regionale Betroffenheit im Jahr 2020 sichtbar wird, wird der Erfolg des Prozesses auch davon abhängen, ob die Politik weiterhin dieses Bekenntnis trägt. Die Gefahr einer Instrumentalisierung der Endlagersuche für Einzelinteressen und populistische Argumentationen ist hoch. Die ersten Erfahrungen in der Standortauswahl bestätigen dieses leider.


  8. Eine erfolgreiche Standortauswahl macht die parallele Beantwortung zahlreicher wissenschaftlicher Fragestellungen notwendig. Das BfE hat im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags hierfür durch eigene Forschungs-aktivitäten Sorge zu tragen.


  9. Das Standortauswahlverfahren und die Beteiligung der Öffentlichkeit dürfen nicht selbstreferentiell werden. Sie sind Instrumente und dienen dem Ziel, in einem transparenten Verfahren in vertretbarer Zeit einen Endlagerstandort für hochradioaktive Abfälle zu finden und damit die langfristige Sicherheit von Mensch und Umwelt zu gewährleisten. Alle Akteure sind diesem Ziel verpflichtet. Das BfE hat als Aufsichtsbehörde auch die Aufgabe, die gesetzliche Vorgabe für den zeitlichen Rahmen im Auge zu behalten. Schon in meiner Stellungnahme für die Sitzung des Umweltausschusses im März 2017 habe ich unterstrichen, dass das zeitlich sehr ambitionierte Ziel nur erreicht werden kann, wenn die Verfahrensabläufe in ihren Formaten diesen zeitlichen Rahmen berücksichtigen. Nicht zuletzt mit Blick auf die Rückwirkungen auf die Laufzeit für die bestehenden Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle ist der zeitliche Aspekt von Bedeutung.


  10. Die zentrale Herausforderung bleibt, das Thema der sicheren Endlagerung, welches uns noch über Jahrzehnte beschäftigen wird, als politisch und gesellschaftlich relevante Aufgabe in die kommenden Generationen hinein zu tragen und junge Menschen dafür zu interessieren.
Stand: 12.03.2019