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Nukleare Sicherheit
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Endlagersuche
Lebhafte Diskussionen beim 3. Forum Endlagersuche in Würzburg
Gemeinsame Presseinformation vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) und dem Planungsteam Forum Endlagersuche (PFE) zum Abschluss des 3. Forums Endlagersuche
Ausgabejahr 2024
Datum 25.11.2024
Datum 25.11.2024
Zwei Tage lang haben mehr als 500 Teilnehmende vor Ort in Würzburg und digital zugeschaltet über die Standortauswahl für das Endlager für hochradioaktive Abfälle und die Beteiligung der Öffentlichkeit diskutiert.
Beim 3. Forum Endlagersuche am 22. und am 23. November 2024 kamen 247 Teilnehmende in Würzburg zusammen, um über den Stand der Endlagersuche und die Beteiligung zu diskutieren. Weitere 260 Teilnehmende beteiligten sich online an den Beratungen.
Aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Gruppen von Teilnehmenden ergibt sich ein differenziertes Bild:
- 65 Personen haben sich als Bürger:innen angemeldet,
- 124 Teilnehmende sehen sich den kommunalen Gebietskörperschaften zugeordnet,
- 31 Personen haben sich als Vertreter:innen von gesellschaftlichen Organisationen eingeordnet,
- 48 Personen kamen aus der Wissenschaft,
- weitere 44 haben sich als Beobachter:innen oder Presse angemeldet,
- 30 ließen sich nicht zuordnen und
- 172 Personen haben einen beruflichen Bezug zu den Themen. Sie gehören entweder Bundes- oder Landesministerien an, oder arbeiten direkt bei oder für die Verfahrensbeteiligten, Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) oder dem Nationalen Begleitgremium (NBG) – auch ein Zeichen dafür, wie ernst die Behörden und Verantwortlichen die öffentliche Debatte über die Endlagersuche nehmen.
Schwerpunkt des ersten Forum-Tags war der aktuelle Arbeitsstand der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE). Am zweiten Tag ging es vor allem um die aufsichtliche Prüfstrategie des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) sowie die jüngst vorgelegten Konzepte des BASE zur Beteiligung und zur Vorbereitung der Regionalkonferenzen. Das BASE wird damit das zentrale Beteiligungsinstrument vorbereiten, sobald die BGE Standortregionen für die übertägige Erkundung vorgeschlagen hat.
Zur Eröffnung des Forums Endlagersuche hielt BASE-Präsident Christian Kühn eine programmatische Rede zur Standortsuche in unsicheren Zeiten. „Als zentrales Format der Beteiligung bis zum Standortregionenvorschlag zeigt das Forum Endlagersuche, dass wir als demokratische Gesellschaft komplexe Probleme gemeinschaftlich und verantwortungsvoll – auch mit Blick auf künftige Generationen – lösen können,“ sagt Kühn. „Für das Gelingen der Endlagersuche brauchen wir neben verlässlich arbeitenden Institutionen eine engagierte Zivilgesellschaft, die den Suchprozess kritisch und konstruktiv begleitet.“
Die Vorsitzende der BGE-Geschäftsführung Iris Graffunder gab zu Beginn der Veranstaltung einen Einblick in ihre strategischen Überlegungen zur Standortauswahl. Sie betonte, dass die BGE die Standortregionen für die übertägige Erkundung bis Ende 2027 ermittelt und dem BASE zur Prüfung vorlegen wird. In Würzburg sagte sie: „Wir haben in Deutschland eine sehr gute Geologie, so dass ich sicher bin, dass wir einen Standort finden, an dem die hochradioaktiven Abfälle mit bestmöglicher Sicherheit endgelagert werden können. Ein breiter politischer Konsens ist wichtig, aber er reicht nicht, wenn wir die Menschen nicht erreichen, und es uns nicht gelingt, Ängste vor radioaktiven Abfällen abzubauen. Ich bin davon überzeugt, dass die Handhabung und Endlagerung der hochradioaktiven Abfälle sicher möglich ist. Niemand braucht Angst vor einem Endlager zu haben.“ Sie dankte ausdrücklich den zivilgesellschaftlichen Mitgliedern im Planungsteam Forum Endlagersuche (PFE), das die Konferenz über ein Jahr hinweg vorbereitet hat. „Das Engagement, das ich hier sehe, übrigens auch in vielen Bürgerinitiativen, ist außergewöhnlich hoch. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie tief sich Privatpersonen in ihrer Freizeit in das Thema einarbeiten.“
Zeitdiskussion beherrscht viele Diskussionen
Ein wesentliches Thema beim 3. Forum Endlagersuche war die Frage, ob und wie die Standortsuche beschleunigt werden kann. Bei einer Podiumsdiskussion warb der SPD-Bundestagsabgeordnete Jakob Blankenburg für den politischen Konsens über den langen Zeitraum hinweg, der benötigt wird, um das wissenschaftsbasierte Standortauswahlverfahren zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Genau um diesen Konsens macht sich die ehemalige Ko-Vorsitzende der Endlagerkommission im Bundestag, Ursula Heinen-Esser, Sorgen. Über Jahrzehnte, die das Verfahren noch benötigen könnte, befürchtet sie den Verlust dieser überparteilichen Einigung, der den Neustart der Endlagersuche überhaupt erst möglich gemacht hat.
Karola Voß, Bürgermeisterin in Ahaus, sieht neue Risiken für die Sicherheit der Zwischenlager, in denen der hochradioaktive Atommüll noch über Jahrzehnte lagern muss, bis das Endlager gefunden und gebaut sein wird. Für die Zwischenlagergemeinden wie Ahaus fühle es sich längst an, als seien sie Endlagergemeinden. Sie warb um finanzielle Entschädigungen für diese gesamtgesellschaftlichen Lasten. Voß argumentierte, dass eine solche Zahlung vom Bund an die Kommunen auch eine Motivation für die Politik sei, das Thema eben nicht links liegen zu lassen.
Tim Vietor aus der Geschäftsführung der Schweizer Endlagergesellschaft Nagra warb dafür, Beschleunigung durch eine Reduktion der Komplexität und die Konzentration nur noch auf die besten Gebiete zu erreichen. Außerdem wies Vietor darauf hin, dass die gemeinsame Erarbeitung eines realistischen Zeitplans, der dann von einem zentralen Verfahrensakteur auch nachgehalten werde, Stabilität und Verlässlichkeit in den Prozess bringe. In der Schweiz spiele das Bundesamt für Energie diese Dirigentenrolle, sagte Vietor.
Gerrit Niehaus, Abteilungsleiter Nukleare Sicherheit im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), sieht die Endlagersuche auf einem guten Weg. Der aktuelle Arbeitsstand der BGE zeige bereits, dass die Voraussetzungen für eine Konzentration auf geeignete Gebiete mit der aktuellen Einengungs-Strategie umgesetzt werde. Die damit verbundene reduzierte Beschäftigung mit den offensichtlich nicht in Frage kommenden Gebiete sei ein wichtiger Bestandteil der von Bundesumweltministerin Steffi Lemke geforderten Beschleunigungsstrategie.
Um den Zeitbedarf ging es auch am zweiten Tag in einer zentralen Arbeitsgruppe. Dort war das aktuelle Positionspapier der Entsorgungskommission des Bundes zu Beschleunigungspotentialen ein Thema.
Beteiligung als zentrales Motiv der Standortsuche
Am Morgen des zweiten Tags stellte der Abteilungsleiter Aufsicht des BASE, Sebastian Stransky, das aufsichtliche Konzept für die Begleitung der Endlagersuche vor und kam so einer Bitte des PFE sowie des Nationalen Begleitgremiums (NBG) nach, Auskunft über diese zentrale Funktion des BASE im Standortauswahlverfahren zu erhalten. „Aufgabe des BASE ist die begleitende Verfahrensaufsicht. Das BASE verfolgt kontinuierlich die Arbeit der BGE. Unsere Aufgabe ist es, die Gesetzeskonformität und die Einhaltung festgelegter Standards sicherzustellen“, sagte Stransky. Eine besondere Verpflichtung hat das BASE darüber hinaus gegenüber dem BMUV und dem NBG. So wurden am Rande des Forums die Modalitäten für eine Akteneinsicht zwischen BASE und NBG vereinbart. Die Vorstellung der aufsichtlichen Tätigkeit des BASE wurde positiv aufgenommen und im Anschluss lebhaft diskutiert.
Die Gestaltung der Öffentlichkeitsbeteiligung in den kommenden Jahren sowie Strategien zur Vorbereitung der Regionalkonferenzen durch das BASE waren ein zentrales Thema am zweiten Tag des Forums Endlagersuche. Vertreter:innen der Abteilung Beteiligung präsentierten in einer Arbeitsgruppe die neue, im Mai 2024 veröffentlichte, Beteiligungsstrategie des BASE, um sie mit der breiten Öffentlichkeit zu diskutieren. Die Strategie benennt vier maßgebliche Handlungsfelder für die Beteiligung zum aktuellen Stand des Standortauswahlverfahren:
- Verfahrensfortschritt begleiten,
- regionale Betroffenheit auffangen,
- Engagement fördern sowie
- Wissensaufbau und -austausch unterstützen.
Zivilgesellschaft spielt in der Beteiligung eine zentrale Rolle
Das PFE legte zu Beginn des Forums Endlagersuche einen Rechenschaftsbericht vor, der zeigte, dass die vom vorherigen Forum gefassten Beschlüsse von den Akteur:innen des Verfahrens vielfach umgesetzt wurden. In öffentlichen Beratungen des PFE wurden aktuelle Fragen zu Zeitprognosen, Endlagerplanung oder Abläufen bei der BGE aufgegriffen.
Am Samstag wurden folgende Personen für ein Jahr ins PFE gewählt:
- Für die Gruppe der Bürger:innen wurden gewählt: Bettina Gaebel und Heiko Schaak.
- Für die Gruppe der Wissenschaftler:innen wurden gewählt: Janine Hauer und Daniel Lübbert.
- Für die Gruppe der Kommunalvertretungen wurden gewählt: Asta von Oppen und Eva Bayreuther.
- Für die Gruppe der Verbände und Initiativen (gesellschaftliche Organisationen) wurden gewählt: Andreas Fox und Jörg Hacker.
- Für die Gruppe der unter 35-Jährigen wurden gewählt: Elisa Akansu, Maximilian Hipp, Anton Köller, Farras Fahti, Johannes Hunger, Lucas Fachtan.
Im Vergleich zum vorhergehenden PFE gab es lediglich in der Gruppe der unter 35-Jährigen Veränderungen. Asta Haberbosch ist aus dem Gremium ausgeschieden. Lucas Fachtan wurde neu gewählt.
So sehen die Beteiligten das Forum Endlagersuche
BASE-Präsident Christian Kühn bekundete seine Dankbarkeit für das zivilgesellschaftliche Engagement des Planungsteams Forum Endlagersuche bei der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung. Besonders betonte er die Wichtigkeit des großen politischen und gesellschaftlichen Entsorgungskonsenses des vergangenen Jahrzehnts und die Notwendigkeit diesen immer wieder zu erneuern.
BGE-Geschäftsführerin Iris Graffunder nimmt vom Forum vor allem Anerkennung und auch Rückenwind für die weiteren Arbeiten der BGE mit, verbunden mit dem Anspruch, die Einengung der Teilgebiete zügig voranzutreiben, aber ohne Nachteile für die Sicherheit und die Transparenz des Verfahrens. „Die Vorträge der BGE zum aktuellen Arbeitstand sind hier in Würzburg in die Tiefe gegangen.“ Und weiter: „Was auch deutlich wurde, ist, dass das Thema Zeitbedarf sehr kontrovers diskutiert wird und weiter besprochen werden muss. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Festlegung des Standorts erst die Eintrittskarte für das danach anstehende atomrechtliche Genehmigungsverfahren, die Errichtung und den Betrieb des Endlagers ist. Unsere Aufgabe ist erst erfüllt, wenn alle Abfälle endgelagert sind.“
„Das Verfahren muss weiter wissenschaftsbasiert und transparent bleiben. Die Öffentlichkeitsbeteiligung einzuschränken, würde sich am Ende rächen, wenn Fehler dann zu Rücksprüngen führen, “ sagt Dr. Daniel Lübbert vom PFE. Bettina Gaebel, ebenfalls Mitglied im PFE, hebt die kommunikative Atmosphäre hervor: „Sowohl in der Präsenzveranstaltung in Würzburg wie auch im Onlineraum sind ganz viele interessierte Leute miteinander ins Gespräch gekommen. Kommunale Verantwortungsträger:innen, Landes- und Bundesämter, Bundesgesellschaften, das Nationale Begleitgremium, Wissenschaftler:innen und viele andere Menschen aus der Zivilgesellschaft haben sich zu Atommüllfragen ausgetauscht und auch kontrovers diskutiert. Das Forum hat in Anträgen auch konkrete Erwartungen an BASE und BGE gerichtet“, sagte Bettina Gaebel weiter. „Die Regionalkonferenzen sollen unbedingt mit Beteiligung in öffentlichen Workshops vorbereitet werden. Auch Entscheidungen zu veränderten Wegen der Standortauswahl gehen nicht ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft.“
Gerrit Niehaus vom BMUV kündigte zum Abschluss des Forums Endlagersuche am Samstag an, dass er für das Bundesumweltministerium durchaus eine Rolle als „Hüter des Zeitplans“ sieht. Im Vergleich zum 2. Forum Endlagersuche vor einem Jahr sieht Niehaus „vor allem bei der Stimmung deutliche Veränderungen“. Er betonte den Wert des Forums Endlagersuche als Diskussionsort für das Standortauswahlverfahren. „Das Bundesumweltministerium hat schon die Aufgabe, mit den Akteuren gemeinsam einen belastbaren Zeitplan für die Zeit nach dem Standortregionenvorschlag 2027 zu erarbeiten. Dieser soll fortlaufend an die sich jeweils verändernden Entwicklungen in der Standortsuche angepasst und somit verändert werden. Trotzdem sehe ich es als notwendig an, der Standortbestimmung ein Enddatum zu geben – das aufgrund der vielen Ungewissheiten regelmäßig angepasst werden muss.“ Wichtig ist Niehaus, dass die „alten Fronten nicht neu errichtet werden, sondern dass wir im Dialog bleiben“. Und weiter: „Das Endlager bleibt eine Notwendigkeit, egal wie wir jeweils zur Nutzung der Atomenergie stehen.“
Das vierte Forum Endlagersuche wird 2025 stattfinden.
Serviceinfos:
Das Forum Endlagersuche ist ein Ergebnis des Beteiligungsprozesses bei der Standortsuche. Es war von der Zivilgesellschaft in der Fachkonferenz Teilgebiete 2021 als Brücke zwischen den formellen Beteiligungsformaten der Endlagersuche gefordert worden. Das BASE unterstützt fachlich und organisatorisch die Vorbereitung durch das aus der Zivilgesellschaft gewählte Planungsteam Forum Endlagersuche (PFE).
Sollten Sie Fragen haben oder Kontakt zu Interviewpartner:innen suchen, wenden Sie sich an:
Christoph Hamann, presse@base.bund.de, Telefon: 030 18 4321 1255
Dagmar Dehmer, dagmar.dehmer@bge.de, Telefon: 015122101090
Stand: 25.11.2024