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Faktencheck: Wandstärke von Zwischenlager-Mauern

Wie wichtig ist die Stärke der Außen-Mauern für die Sicherheit von Zwischenlagern?

Bild vom Zwischenlager Philippsburg in der Innenansicht Zwischenlager PhilippsburgZwischenlager Philippsburg Quelle: picture alliance / dpa | Uli Deck

„Je dicker die Mauern eines Zwischenlagers, desto besser“ – gilt dieser Satz wirklich?

Für Zwischenlager zur Aufbewahrung von Kernbrennstoffen gelten keine konkreten Vorgaben hinsichtlich der baulichen Ausgestaltung. So werden beispielsweise keine Festlegungen zur Minimalstärke von Wänden und Decke der Zwischenlager getroffen. Vielmehr gibt das geltende Regelwerk verschiedene Schutzziele und der Einhaltung der Schutzziele dienende Anforderungen vor.

Die Gewährleistung dieser Schutzziele einschließlich der Anforderungen hat der Betreiber im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens nach § 6 des Atomgesetzes nachzuweisen. Dementsprechend sind Zwischenlager für die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen in Deutschland nicht baugleich ausgestaltet, sondern unterscheiden sich z.B. im Hinblick auf die Wandstärke der Außenmauern der Zwischenlagergebäude.

Diese Unterschiede können zu der Annahme verleiten, dass die Aufbewahrung der Kernbrennstoffe in den Zwischenlagern unterschiedlich sicher sei. Stimmt das? Ist die tatsächliche Sicherheit abhängig von der jeweiligen Wandstärke? Und wenn ja, gilt der Satz "Je dicker die Mauern eines Zwischenlagers, desto besser?"

Ein Faktencheck:

Die Prinzipien von Sicherheit & Sicherung im Genehmigungsverfahren

Wird ein Antrag auf Aufbewahrung von Kernbrennstoffen in einem Zwischenlager gestellt, so prüft das BASE als zuständige Genehmigungsbehörde die von den Antragstellern vorgelegten Nachweise. Dabei bewertet das BASE, ob die im Atomgesetz festgeschriebenen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind. Diese Voraussetzungen umfassen mehrere Aspekte, zu denen u.a. die Sicherheit und die Sicherung des Zwischenlagers zählen:

  • Sicherheit: Der Antragsteller muss nachweisen, dass die nach Stand von Wissenschaft und Technik notwendige Vorsorge gegen Schäden, die durch die Aufbewahrung der Kernbrennstoffe selbst entstehen könnten, getroffen ist.
  • Sicherung: Der Antragsteller muss nachweisen, dass der erforderliche Schutz gegen kriminelle und terroristisch motivierte Taten gewährleistet ist.

Grundsätzlich können die Antragsteller also über die bauliche Ausgestaltung eines Zwischenlagers frei entscheiden, so lange und soweit sie die notwendigen Nachweise zur Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen erbringen. Das BASE als Genehmigungsbehörde ist nach § 6 des Atomgesetzes dazu verpflichtet, eine Genehmigung zu erteilen, wenn alle Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind (sog. gebundene Entscheidung). Eine vergleichende Prüfung im Sinne eines „besser“ oder „sicherer“ ist durch die Regelungen des Atomgesetzes weder vorgesehen noch zulässig.

Sowohl die notwendige Vorsorge gegen Schäden durch die Aufbewahrung der Kernbrennstoffe selbst (Sicherheit) als auch der erforderliche Schutz gegen Terror- und Sabotageakte (Sicherung) wird durch das Zwischenlagerkonzept gewährleistet. Dies macht im Genehmigungsverfahren stets eine Betrachtung des Zusammenwirkens verschiedener Aspekte notwendig, wie z.B.

  • der Eigenschaften der Inventare (der in den Behältern gelagerten Stoffe),
  • der Behälter,
  • technischer Einrichtungen,
  • und des Lagergebäudes.

Luftaufnahme des Zwischenlagers Gorleben Gorleben AußenansichtZwischenlager für radioaktive Abfälle Gorleben Quelle: picture alliance/dpa | Sina Schuldt

Gesamtkonzept des Zwischenlagers ist entscheidend

Durch dieses Ineinandergreifen einzelner Aspekte eines Zwischenlagerkonzeptes ist es nicht möglich, einen Teilaspekt (wie z.B. die Wandstärke des Lagergebäudes) isoliert herauszugreifen und hierfür ein „sicherer“ oder „besser“ zu definieren. So kann eine größere Wandstärke zwar eine umfassendere Abschirmung der ionisierenden Strahlung aus den Behältern bewirken, im Fall einer Schädigung der Wände (z.B. infolge eines Erdbebens) könnten umgekehrt jedoch – wenn die Wände der Belastung nicht standhalten – die Behälter aufgrund eines größeren Umfangs an Trümmerteilen mehr Schaden nehmen.

Einzelne Maßnahmen für die Sicherheit und Sicherung können in diesem Sinne teilweise gegenläufige Auswirkungen haben. Entscheidend ist stets eine Betrachtung des Gesamtkonzepts des Zwischenlagers.

Einfach gesagt: Die Genehmigungsfähigkeit eines Zwischenlagerkonzepts ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung des geplanten Zwischenlagers und nicht allein auf einer Bewertung einzelner Teilaspekte, wie z.B. der Betrachtung der Wandstärke.

Die Außenwände eines Zwischenlagers: Schutz durch bauliche Gestaltung

Einer Zwischenlager-Wand kommt mehrere Funktionen zu: So schützt das Lagergebäude u.a. die eingelagerten Behälter vor Witterungseinflüssen. Darüber hinaus schirmen die baulichen Strukturen des Zwischenlagers die von den Kernbrennstoffen ausgehende ionisierende Strahlung ab – außerhalb des Zwischenlagergebäudes ist die Strahlung also geringer als innerhalb. Schließlich stellen die Wände eines Zwischenlagers eine Zugangsbarriere dar, die einen unbefugten Zugang in das Lager verhindern.

Die Außenwände eines Zwischenlagers erfüllen damit eine wesentliche Funktion im Hinblick auf den Schutz gegen ein Entwenden der Behälter und gegen ein Einwirken auf die Behälter – zum Beispiel bei terroristisch motivierten Taten und kriminellen Handlungen.

Stahlbewehrung für hohe Belastbarkeit

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Funktionen bestehen die Wände eines Zwischenlagers nicht ausschließlich aus Beton, sondern aus Stahlbeton: Innerhalb der Wände sind Stahlstäbe oder Stahlmatten verbaut, die sogenannte „Stahlbewehrung“. Dieser Stahl macht die Wand tragfähiger gegen Einwirkungen von außen. Beton ohne Stahlbewehrung weist zwar eine hohe Widerstandskraft gegen Druckbelastung auf, erst durch die Stahlbewehrung kann er jedoch auch hohe Zuglasten aufnehmen.

Für die Qualität der Widerstandsfähigkeit einer Wand kommt es neben der Betongüte also entscheidend darauf an, wie stabil der Stahl ist bzw. wie viel Stahl verbaut ist. Die Stahlbewehrung ist somit ein wesentliches Element, das den Wänden eines Zwischenlagers eine hohe Belastbarkeit verleiht.

Demnach kann eine dünne Betonwand, die im Inneren viel Stahl enthält, stabiler sein als eine dicke Betonwand, innerhalb derer wenig Stahl verbaut ist.

Fazit:

Es gibt keine konkreten Vorgaben, wie dick die Wände eines Zwischenlagergebäudes sein müssen – und dies ist auch nicht notwendig. Der Antragsteller ist somit frei in der baulich-technischen Ausgestaltung eines Zwischenlagers. Das BASE prüft, ob seitens des Antragstellers der Nachweis erbracht ist, dass – u.a. unter Berücksichtigung der von ihm vorgesehenen Zwischenlagerwände - das Gesamtkonzept des Zwischenlagers alle Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt. Wenn dies der Fall ist, hat das BASE die beantragte Genehmigung zu erteilen.

Die Betreiber setzen deshalb in der Praxis die Vorgaben des Regelwerks eines Kernbrennstoffzwischenlagers unterschiedlich um. Hierbei haben sich zwei Konzepte bezüglich der Bauweise herausgebildet:

  • Das sogenannte „STEAG-Konzept“, das mit einer Wandstärke von ca. 1,2 Metern vor allem in Norddeutschland vertreten ist.
  • Das „WTI-Konzept“, das häufig in Süddeutschland realisiert wurde und eine Wandstärke von ca. 0,85 Metern vorsieht.
  • An den Standorten in Neckarwestheim und Lubmin wählten die jeweiligen Antragsteller wiederum andere individuelle Umsetzungsformen, um die Vorgaben des Regelwerks für Kernbrennstoffzwischenlager zu erfüllen.

Eines haben alle Zwischenlager in Deutschland jedoch gemein: Trotz der unterschiedlichen Bauweisen erfüllen sie alle die Anforderungen für eine sichere Aufbewahrung der dort eingelagerten Kernbrennstoffe.

Video: Wie funktionieren Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle?

Stand: 14.10.2021