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Zwischenlagerung / Transport

Abfälle, Transportbehälter, Transport, Zwischenlagerung, staatliche Verwahrung

Zwischenlagerung / Transport

Sicherheit und Sicherung

Der Schutz von Mensch und Umwelt hat bei der Lagerung hochradioaktiver Stoffe in den Zwischenlagern höchste Priorität. Insbesondere die Strahlenbelastung muss für die Anwohner und das Personal so gering wie möglich gehalten werden. Neben der Zuverlässigkeit und Fachkunde des Betreibers sowie der erforderlichen Vorsorge für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen gilt es weitere Voraussetzungen zu erfüllen.

Um eine Genehmigung erteilt zu bekommen, muss nachgewiesen werden, dass hinreichende Maßnahmen gegen Schäden, die durch die Aufbewahrung der Kernbrennstoffe selbst in einem Zwischenlager entstehen könnten (Sicherheit) und hinreichende Maßnahmen gegen kriminelle und terroristisch motivierte Taten (Sicherung) getroffen sind. Liegen alle vorgenannten Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung nachweislich vor, hat das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung eine Genehmigung zu erteilen (sogenannte gebundene Entscheidung).

Prüfpunkt Sicherheit

Strahlenbelastung

Was eine unzulässige Strahlenbelastung ist, richtet sich nicht alleine nach den entsprechenden Grenzwerten: Das Strahlenschutzgesetz schreibt zusätzlich vor, dass jede Strahlenbelastung bei der Zwischenlagerung von Kernbrennstoffen „unter Beachtung des Standes von Wissenschaft und Technik und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auch unterhalb der Grenzwerte so gering wie möglich zu halten“ ist. Die Grenzwerte des Strahlenschutzgesetzes und der Strahlenschutzverordnung sind also lediglich eine Höchstgrenze, nicht der Prüfmaßstab.

Grenzwerte:

  • Beschäftigte im Zwischenlager: 20 mSv pro Jahr
  • Personen der Normalbevölkerung: 1 mSv pro Jahr; 50 mSv bei allen Störfällen, auf die ein Zwischenlager geprüft wird.

Der Begriff Sicherheit bezeichnet hier den Nachweis, dass die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden, die durch die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen in einem Zwischenlager entstehen können, getroffen ist. Dabei geht es um die radiologische Sicherheit beim bestimmungsgemäßen Betrieb des Zwischenlagers, bei Störfällen während des Betriebs und bei Naturereignissen, z.B. Erdbeben oder Hochwasser.

Das BASE prüft für jede Zwischenlagergenehmigung und für jede wesentliche Änderung einer Genehmigung, ob die Anforderungen an die Sicherheit nach dem Stand von Wissenschaft und Technik gewährleistet sind (§ 6 Abs. 2 AtG). Diese werden insbesondere durch das Kerntechnische Regelwerk konkretisiert. Es enthält zahlreiche Vorgaben wie technische Vorschriften, anerkannte Nachweis- und Berechnungsmethoden, Regelungen für das Sicherheitsmanagement, Vorgaben für Organisation und Qualitätsmanagementsysteme. Übergeordnetes Ziel ist es, eine unzulässige Strahlenbelastung innerhalb und außerhalb des Zwischenlagers zu vermeiden.

Prüfziele

Damit das übergeordnete Ziel, eine unzulässige Strahlenbelastung zu vermeiden, erfüllt wird, prüft das BASE vier Teilziele:

  1. Sicherer Einschluss der radioaktiven Stoffe
  2. Sichere Einhaltung der Unterkritikalität
  3. Sichere Abfuhr der Zerfallswärme
  4. Vermeidung unnötiger Strahlenexposition

Aus diesen leiten sich folgende sicherheitstechnische Anforderungen ab:

  • Abschirmung ionisierender Strahlung
  • Betriebs- und instandhaltungsgerechte Auslegung und Ausführung der Einrichtungen
  • sicherheitsgerichtete Organisation und Durchführung des Betriebes
  • sichere Handhabung und sicherer Transport der radioaktiven Stoffe
  • Auslegung gegen Störfälle
  • Maßnahmen zur Reduzierung der Schadensauswirkungen von auslegungsüberschreitenden Ereignissen.

Das Prüfverfahren

Wer eine Genehmigung für ein Zwischenlager nach § 6 AtG beantragt, muss dem BASE einen vollständigen Nachweis über die Sicherheit des Lagers vorlegen. Dazu gehören insbesondere eine exakte Beschreibung der Lagerbehälter, des Lagergebäudes, der technischen Einrichtungen, der geplanten Überwachungsmaßnahmen sowie Berechnungen oder experimentelle Untersuchungen für die radiologischen Auswirkungen des Betriebs des Lagers und für alle zu prüfenden Ereignisse, die während des Betriebs auftreten können.

Alle Nachweise müssen konservativ sein. Das bedeutet, dass man nicht von realistischen oder sehr wahrscheinlichen Bedingungen ausgeht, sondern das Risiko absichtlich überschätzt. Die Schadensvorsorge, d.h. die vom Betreiber getroffenen Maßnahmen müssen dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen.

Die Antragsunterlagen werden vom BASE und von vom BASE beauftragten Sachverständigen geprüft. Bleiben bei der Überprüfung Fragen offen oder fehlen Unterlagen, fordert das BASE vom Antragsteller zusätzliche Nachweise oder Unterlagen ein. Nur wenn alle Voraussetzungen, die zur Sicherheit des Lagers gehören, erfüllt sind, endet das Prüfverfahren für den Prüfpunkt Sicherheit mit einem positiven Ergebnis.

Die Behälter

Die Aufbewahrung der hochradioaktiven Abfälle erfolgt in Transport- und Lagerbehältern, welche die sogenannten Schutzziele erfüllen müssen. Die Sicherheit in den Zwischenlagern wird zwar nicht ausschließlich aber doch hauptsächlich durch die Behälter gewährleistet – damit bereits die erste Barriere möglichst größte Sicherheit bietet. Spezifische Anforderungen an die Konstruktion sind:

Die in den Lagerbehältern gelagerten radioaktiven Stoffe geben geringe Mengen an Gasen ab. Die Lagerbehälter müssen so beschaffen sein, dass im Normalfall weder die festen, noch die gasförmigen radioaktiven Stoffe austreten können. Für Störfälle im Zwischenlager oder beispielsweise für ein Erdbeben muss Vorsorge getroffen sein, dass kein Behälter so stark beschädigt werden kann, dass dadurch eine unzulässige Strahlenbelastung entsteht.

In den Lagerbehältern darf keine nukleare Kettenreaktion entstehen (Einhaltung der Unterkritikalität). Bei der Aufbewahrung von abgebrannten Brennelementen wird dies unter anderem durch die Anordnung der Brennelemente in den Behältern und einen festgelegten Mindestabbrand der Brennelemente gewährleistet.

Die von den radioaktiven Abfällen ausgehende ionisierende Strahlung ist ausreichend abzuschirmen. Der Schmiedestahl bzw. das Gusseisen der Behälter und spezielle Materialien in den Behältern müssen dafür sorgen, dass die Strahlung abgeschirmt wird und möglichst wenig Strahlung die Behälter verlässt. Eine vollständige Abschirmung ist jedoch nicht möglich.

Das Lager

Zwischenlager sind als Lagerhallen aus Stahlbeton konzipiert, mit Ausnahme des Standortes Neckarwestheim.

Die durch die bestrahlten Kernbrennstoffe entstehende Wärme muss abgeleitet werden. Hierzu muss das Zwischenlagergebäude über Zuluft- und Abluftöffnungen verfügen. Die Luftdurchführung muss so konzipiert sein, dass die von den Behältern ausgehende Wärme nach außen abgeführt wird. Außerdem müssen die Behälter so weit auseinander stehen, dass die sichere Wärmeabfuhr durch Konvektion gewährleistet wird und dass die gegenseitige Aufheizung gering gehalten wird.

Für die Abschirmung radioaktiver Strahlung muss der Betreiber eines Zwischenlagers Maßnahmen ergreifen, um die Strahlenbelastung von Personen innerhalb und außerhalb des Zwischenlagers möglichst gering zu halten. Dies können zum Beispiel abschirmende Baumaterialien oder Zugangsbeschränkungen zu den Bereichen sein, in denen die Behälter stehen.

Störfälle

Ein Störfall ist ein Ereignis, gegen das der Betreiber seine Anlage technisch und organisatorisch ausrüsten muss. Dazu erstellt er eine Störfallanalyse, die auch sehr seltene Ereignisse berücksichtigt. Hierbei wird zwischen Einwirkungen von innen und außen unterschieden.

Zu den Einwirkungen von innen zählen das Abstürzen oder Umfallen beladener Behälter, das Herabstürzen von Lasten auf Behälter, Brände oder auch Fehler des Personals bei der Handhabung. Die Zwischenlager müssen auch gegen Ereignisse von außen, wie Blitzschlag, Hochwasser, Erdbeben, Brände und Störfälle in benachbarten Anlagen geschützt sein. Bei einem Störfall darf die Strahlenbelastung für die Bevölkerung den Grenzwert von 50 mSv nicht überschreiten.

Über die Störfälle hinaus gibt es Ereignisse, deren Eintrittswahrscheinlichkeit als sehr gering eingestuft wird, sodass der Betreiber keine besonderen Schutzmaßnahmen nachweisen muss (auslegungsüberschreitende Ereignisse). Dazu können der zufällige Absturz einer Militärmaschine oder eine Explosionsdruckwelle zählen. Dennoch prüft das BASE, ob vom Betreiber Maßnahmen zu treffen sind, die die Strahlenbelastung bei einem solchen Ereignis reduzieren würden.

Prüfpunkt Sicherung

Unter Sicherung wird für alle kerntechnischen Anlagen und Einrichtungen der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter (SEWD) verstanden. Als solche werden insbesondere auch terroristisch motivierte Taten und kriminelle Handlungen in Betracht gezogen.

Zwar ist der Schutz der Bevölkerung vor Kriminalität und Terrorismus eine der Kernaufgaben des Staates. Einzelne private Träger können jedoch vom Staat bei der Erfüllung dieser staatlichen Aufgabe mit in die Pflicht genommen werden, wenn diese Anlagen betreiben, von denen im Falle von kriminellen oder terroristischen Akten besondere Gefahr ausgeht. Der Schutz der Bevölkerung wird damit durch das Zusammenwirken aller Schutzmaßnahmen des Staates und der Sicherungsmaßnahmen durch den jeweiligen privaten Träger erreicht. Deshalb spricht man von einem "Integrierten Sicherungs- und Schutzkonzept".

Die Prüfung des BASE im Rahmen des Genehmigungsverfahrens umfasst den Teil der Maßnahmen, für die der jeweilige private Träger verantwortlich ist. Maßstab hierbei ist – wie auch im Rahmen der Sicherheit – die bestmögliche Gefahrenabwehr und Risikovorsorge. Eine Genehmigung wird nur dann erteilt, wenn aufgrund von ergriffenen Sicherungsmaßnahmen Gefahren und Risiken durch SEWD nach dem Stand von Wissenschaft und Technik als praktisch ausgeschlossen eingeschätzt werden können.

Im Bereich der Sicherung kann nicht – wie im Bereich der Sicherheit - auf Eintrittswahrscheinlichkeiten zurückgegriffen werden, da die Realisierung von SEWD eine willensgesteuerte Entscheidung ist. Anstelle der objektiv ermittelten Versagenswahrscheinlichkeit ermitteln daher die zuständigen Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder in einem festgelegten Verfahren, mit welchen Tatszenarien (inklusive verschiedener Aspekte wie erwartete Größe einer Tätergruppe oder mögliche Bewaffnung) zu rechnen ist. Aus dieser - einer ständigen Neubewertung unterliegenden - Einschätzung werden konkrete Anforderungen und Maßnahmen zum Schutz gegen SEWD abgeleitet, die in sogenannten SEWD-Richtlinien durch das Bundesumweltministerium festgelegt werden. Damit potentielle Täter ihre kriminellen Absichten und Handlungen nicht optimieren können, unterliegen diese Richtlinien der Geheimhaltung.

Prüfziele

Der erforderliche Schutz gegen SEWD ist gegeben, wenn folgende Schutzziele eingehalten werden:

  • Verhinderung einer Entwendung der aufzubewahrenden Kernbrennstoffe,
  • Verhinderung einer erheblichen Freisetzung von Kernbrennstoffen in der Anlage,
  • Verhinderung einer erheblichen Freisetzung von Kernbrennstoffen nach einer Entwendung an einem anderen Ort

IT-Sicherheit

Der Schutz von Kernbrennstoffzwischenlagern gegen SEWD schließt auch die Gewährleistung der IT-Sicherheit des Zwischenlagers ein. Diesbezüglich sind insbesondere unter Berücksichtigung der Gefährdungslage und dem Stand von Wissenschaft und Technik die konkreten Anforderungen an die Sicherheit von IT-Systemen eines Zwischenlagers in einer gesonderten SEWD-Richtlinie festgelegt (sog. SEWD-Richtlinie IT).

Die Erfüllung der Anforderungen aus dieser Richtlinie im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens erbringt der jeweilige Antragsteller durch Vorlage eines IT-Sicherheitskonzepts, welches dann vom BASE auf seine Anforderungsgerechtigkeit überprüft wird.

Gezielter Flugzeugabsturz

Ein absichtlich herbeigeführter Flugzeugabsturz auf eine kerntechnische Anlage/Einrichtung liegt zwar nach der Einschätzung des Bundesministeriums des Innern außerhalb des Wahrscheinlichen, kann aber nicht vollkommen ausgeschlossen werden. Ergänzend zu den Tatszenarien, die in den SEWD-Richtlinien des Bundesumweltministeriums zum Schutz gegen SEWD enthalten sind, hat das BASE nach dem 11. September 2001 daher in Genehmigungsverfahren nach § 6 AtG unter dem Aspekt Sicherung auch die potentiellen radiologischen Auswirkungen eines gezielten Absturzes eines Großraumflugzeugs auf Zwischenlager für Kernbrennstoffe als zwingend zu erfüllendes Kriterium aufgenommen.

Das BASE prüft hierbei, ob ein gezielt herbeigeführter Flugzeugabsturz auf das jeweilige Zwischenlager zu besonders schwerwiegenden Schäden für die Schutzgüter des Atomgesetzes führt. Als Vergleichsmaßstab wird entsprechend der „Berechnungsgrundlage zur Ermittlung der Strahlenexposition infolge von Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter (SEWD) auf kerntechnische Anlagen und Einrichtungen“ ein Wert der resultierenden Strahlenexposition von 100 mSv herangezogen.

Die für die jeweiligen Kernbrennstoffzwischenlager in konservativer Weise durchgeführten Betrachtungen haben bislang ergeben, dass die Integrität aller Behälter im Falle eines solchen Szenarios in den Zwischenlagern erhalten bleibt und die maximalen Strahlenexposition für die jeweilige Referenzperson deutlich kleiner als der Vergleichsmaßstab von 100 mSv sind.

Sicherungstechnische Nachrüstung

Anlassbezogen sowie regelmäßig alle drei Jahre bewerten die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder nach dem jeweils aktuellen Erkenntnisstand, ob die Zwischenlager ausreichend vor SEWD geschützt sind. 2010 hat sich die Bewertung und Erkenntnislage zu bestimmten Angriffsszenarien im Nahbereich der Transport- und Lagerbehälter derart verändert, dass die Sicherungsmaßnahmen optimiert werden müssen. Dazu werden vor allem bauliche und technische Maßnahmen an den Zwischenlagern ergänzend zu den bereits bestehenden Sicherungsmaßnahmen von den Betreibern der Zwischenlager realisiert.

Für die Nachrüstungen benötigen die Betreiber der Zwischenlager eine Genehmigung nach § 6 des Atomgesetzes sowie entsprechende Baugenehmigungen. Für die Erteilung der atomrechtlichen Genehmigungen zur Nachrüstung der Zwischenlager ist das BASE zuständig. Für elf der sechzehn Zwischenlager (TBL Gorleben, TBL Ahaus, SZL Philippsburg, SZL Gundremmingen, SZL Biblis, SZL Lingen, SZL Unterweser, SZL Krümmel, SZL Grafenrheinfeld, SZL Isar und SZL Neckarwestheim) hat das BASE die Nachrüstungsgenehmigungen erteilt.

Für die Zwischenlager in Grohnde und Brokdorf haben die entsprechenden atomrechtlichen Genehmigungsverfahren einen weit fortgeschrittenen Stand erreicht. Für die Zwischenlager Brunsbüttel und Jülich sind Neugenehmigungsverfahren anhängig, in denen von der jeweiligen Antragstellerin die Einhaltung der geltenden sicherungstechnischen Anforderungen nachzuweisen ist.

Der Antrag für die Nachrüstung des bestehenden Zwischenlagers NORD (ZLN) wurde von der Betreiberin 2015 zurückgezogen. Stattdessen beabsichtigt die Betreiberin zukünftig die Aufbewahrung der Kernbrennstoffe in einem neu zu errichtenden Ersatztransportbehälterlager am Standort in Lubmin. Ein Antrag für den Neubau dieses Zwischenlagers wurde im Mai 2019 gestellt.

Bei Zwischenlagern, für die sicherungstechnische Nachrüstung bislang noch nicht vollständig umgesetzt ist, wird derzeit der erforderliche Schutz gegen SEWD ergänzend zu den bereits bestehenden Sicherungsmaßnahmen durch sog. ausreichende temporäre Maßnahmen von den Betreibern der Zwischenlager realisiert. Dies sind insbesondere personelle und organisatorische Maßnahmen, wie z.B. der Einsatz von zusätzlichem Wachpersonal.

Stand: 29.12.2020