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Nukleare Sicherheit

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Dual-Fluid-Reaktor

Schematische Darstellung eines Dual-Fluid-Reaktors Dual-Fluid-ReaktorSchematische Darstellung eines Dual-Fluid-Reaktors Quelle: BASE

Beim Dual-Fluid-Reaktor handelt es sich um ein Reaktordesign, das meist zu den Salzschmelzereaktoren gezählt wird. Anders als bei herkömmlichen Leichtwasserreaktoren liegt der Brennstoff beim Dual-Fluid-Reaktor nicht in fester, sondern in flüssiger Form vor. Der Reaktor soll entweder mit einem Uran-238/Plutonium-239-Gemisch oder Thorium-232/Uran-233-Gemisch betrieben werden. Damit der Brennstoff im Reaktor flüssig ist, muss er durch einen chemischen Prozess in eine Salzverbindung umgewandelt werden. Um das Salz über dem Schmelzpunkt zu halten, sind hohe Temperaturen erforderlich.

Wie funktioniert der Dual-Fluid-Reaktor?

Ein Dual-Fluid-Reaktor besteht im Wesentlichen aus drei Kreisläufen, dem Primär-, Sekundär- und Tertiärkreislauf. In den drei Kreisläufen fließt jeweils eine Flüssigkeit (bzw. ein Gas) mit unterschiedlicher Temperatur. Die Kreisläufe sind über sogenannte Wärmetauscher miteinander verbunden. Bei einem Wärmetauscher handelt es sich um einen Apparat, durch den zwei Flüssigkeiten oder Gase strömen. Die beiden Stoffe sind durch eine Wand voneinander getrennt. Der wärmere der beiden Stoffe kühlt sich ab, indem er den kälteren Stoff aufheizt.

Die Kernspaltung findet ausschließlich im Primärkreislauf statt. Mit der Zeit würden sich immer mehr Spaltprodukte im Primärkreis ansammeln und die Kernspaltung stören. Gleichzeitig würde immer mehr Brennstoff verbraucht werden. Um dies zu verhindern müssen die Spaltprodukte ständig aus dem Brennstoffkreislauf entfernt werden. Außerdem muss dem Kreislauf neuer Brennstoff hinzugefügt werden. Für diese beiden Aufgaben ist eine integrierte Wiederaufbereitungsanlage vorgesehen. Diese soll während des laufenden Betriebs des Reaktors einen Teil des flüssigen Inhalts des Primärkreises entfernen. In der Wiederaufbereitungsanlage sollen dann mithilfe chemischer Verfahren die Spaltprodukte vom Brennstoff getrennt werden.

Was sind die Vor- und Nachteile von Dual-Fluid-Reaktoren?

Atomkraftwerke, wie Sie bislang in Deutschland eingesetzt wurden, erhitzen Wasser auf circa 330 °C. Der Dual-Fluid-Reaktor soll bei deutlich höheren Temperaturen arbeiten. Vorgesehen ist eine maximale Kernbrennstoff-Temperatur von 1400 °C und eine Blei-Temperatur von bis zu 1000 °C. Durch diese Temperaturanhebung würde sich der Wirkungsgrad der Stromerzeugung verbessern, also das Verhältnis von erzeugtem Strom und Wärmemenge. Damit wäre zur Erzeugung einer bestimmten Menge Strom weniger Brennstoff nötig, außerdem würde weniger hochradioaktiver Abfall anfallen.

Der Dual-Fluid-Reaktor soll über ein wesentliches Sicherheitsmerkmal verfügen, das ihn von bestehenden Atomkraftwerken unterscheidet. Im Falle einer Störung des Dual-Fluid-Reaktors würde der Brennstoff passiv (das heißt ohne Eingriff von außen und ohne die Unterstützung von Maschinen) in dafür vorgesehene Tanks abfließen. Die Tanks sollen so ausgelegt sein, dass es in ihnen zu keiner Kettenreaktion kommen kann.
Ein Nachteil des Reaktors ist das Radionuklid Chlor-36, das aus bestrahltem Chlor-35 entstehen kann. Chlor-36 hat eine Halbwertszeit von 301.000 Jahren und eine hohe Löslichkeit in Wasser. Damit hätte es eine hohe Relevanz für die Langzeitsicherheit eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle. Ein solches Endlager müsste den abgebrannten Kernbrennstoff des Dual-Fluid-Reaktors aufnehmen.

Da der Dual-Fluid-Reaktor mit deutlich höheren Temperaturen arbeitet als bisherige Reaktoren, ergeben sich daraus auch zusätzliche Anforderungen an die verwendeten Werkstoffe. Es müssen Materialien gefunden werden, die sowohl den hohen Temperaturen, den korrosiven Eigenschaften der Chlorsalze als auch den starken Neutronenflüssen dauerhaft standhalten können.

Ein weiterer Nachteil besteht in der Notwendigkeit einer integrierten Wiederaufarbeitungsanlage, um dem Kreislauf neuen Brennstoff zuzuführen. Das Verfahren ist mit hohen Umweltbelastungen verbunden und hinterlässt wiederum hochgefährliche radioaktive Rückstände.

Entwicklungsstand von Dual-Fluid-Reaktoren

Derzeit befasst sich ein deutsch-kanadisches Unternehmen mit der Entwicklung, bisher existiert der Dual-Fluid-Reaktor nur als ein frühes Konzept. Ein Dual-Fluid-Reaktor-Kraftwerk oder Prototypen gibt es noch nicht. Einzelne Aspekte wurden im Rahmen von Voruntersuchungen betrachtet, beispielsweise Teile der Reaktorphysik oder die Chemie der Wiederaufbereitungsanlage.

Für andere Aspekte, beispielsweise zur Reaktorsicherheit und zu Schutzsystemen, liegen noch keine Informationen zu vertieften Untersuchungen öffentlich vor.

Verglichen mit anderen alternativen Reaktorkonzepten befindet sich der Dual-Fluid-Reaktor in einem sehr früheren Entwicklungsstudium. Die Dauer, die nötig wäre, einen funktionsfähigen Dual-Fluid-Reaktor zu errichten, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf Basis der verfügbaren Datenlage nicht abschätzen.

Weitere Informationen über alternative Reaktorkonzepte

Stand: 20.11.2023