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Herausforderungen und Erfolgsfaktoren bei grenzüberschreitender Öffentlichkeitsbeteiligung im Standortauswahlverfahren (HErüber)

Projektdaten
Förderkennzeichen4719F00101
Projektzeitraum07.2020 - 07.2022
Bewilligte Summe450.000 €
Ausführende StelleUnabhängiges Institut für Umweltfragen UfU e.V., Berlin
Unterauftragnehmer Öko-Institut e.V. Institut für angewandte Ökologie, Freiburg
Art der FinanzierungBASE-Forschungstitel


Projektbeschreibung

Das Standortauswahlgesetz (StandAG) regelt die Verfahrensschritte für die Suche und Auswahl eines Standorts für die sichere Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in Deutschland.

Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) beaufsichtigt die Standortsuche und ist für die Beteiligung der Öffentlichkeit zuständig. Es schafft die Grundlagen und Rahmenbedingungen dafür, wie die Bürgerinnen und Bürger in die Standortsuche einbezogen werden. Über formelle und informelle Beteiligungsverfahren sind die Bürgerinnen und Bürger auch Mitgestaltende des Verfahrens.

Das Standortauswahlverfahren findet in verschiedenen Phasen statt:

  1. Festlegung von Teilgebieten und geeigneten Standortregionen,
  2. oberirdische Erkundung und Identifizierung geeigneter Standorte,
  3. unterirdische Erkundung geeigneter Standorte und Standortentscheidung.

Deutschland ist das europäische Land mit den meisten Nachbarstaaten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass einige der definierten Teilgebiete, Standortregionen und möglichen Standorte in unmittelbarer Nähe einer oder mehrerer Landesgrenzen liegen. Bei der Errichtung eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle macht „Betroffenheit“ jedoch nicht an den Landesgrenzen halt. Die Öffentlichkeit aus den Nachbarländern muss daher in die Beteiligungsprozesse einbezogen werden.

Um auch die Öffentlichkeit der Nachbarländer adäquat in die Beteiligungsprozesse einzubinden, müssen einerseits rechtliche Anforderungen an grenzüberschreitende Beteiligungsprozesse analysiert werden. Andererseits müssen auch sozio-kulturelle Erwartungen und Praktiken untersucht werden, um diese in zukünftigen Beteiligungskonzepten berücksichtigen zu können.

Ziel des Forschungsvorhabens HErüber war es, spezifische Herausforderungen herauszuarbeiten. Das Vorhaben ging dabei in folgenden drei Schritten vor:

  1. Zunächst wurden in einer Literaturauswertung die rechtlichen Vorgaben und der Wissensstand bezüglich der Praxis grenzüberschreitender Beteiligung aus politikwissenschaftlicher Sicht analysiert.
  2. Anhand von Tiefenfallstudien wurde untersucht, wie die grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung bei anderen Planungs- bzw. Infrastrukturvorhaben ablief. Es wurde ausgewertet, welche Erkenntnisse sich für das Endlagersuchverfahren in Deutschland ableiten lassen.
  3. Im letzten Schritt wurden Erwartungen an grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung aus Sicht von an Deutschland angrenzenden Regionen untersucht. Dies erfolgte anhand von Fallstudien. Die Auswahl der Fallregionen orientierte sich dabei nicht an den aktuell stattfindenden Untersuchungen im Rahmen des Standortauswahlverfahrens. Es galt vielmehr, eine möglichst große Vielfalt an räumlich-geografischen Kontexten über die bundesweite Teilgebietsfläche zu erfassen.

Ergebnisse

Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Standortsuche in den meisten untersuchten Regionen aktuell nicht bekannt ist. Eine Sensibilität für das Thema der Endlagerung ist aber zukünftig zu erwarten. Das wird in der Kommunikation mit den Nachbarstaaten und betroffenen Regionen zu beachten sein.

Auch verdeutlicht die Forschungsarbeit, wie wichtig es ist, Sprachbarrieren mit Dolmetsch-Angeboten und Übersetzungen von Dokumenten zu überwinden. Darüber hinaus haben Regionen jenseits der Grenze eigene Erfahrungen mit dem Thema Kernenergie und Beteiligung bei Infrastrukturvorhaben. Auch kulturelle Erwartungen etwa an die Beteiligung bei Planungsverfahren variieren. Für eine gelingende grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung wird es wichtig sein, die spezifischen kulturellen und regionalen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

Die Ergebnisse liefern zudem Einblicke in Spezifika vor Ort, für die die verantwortlichen Akteure wie das BASE sensibilisiert sein sollten. Hierbei handelt es sich beispielsweise um:

  • die Kenntnis der politischen und verwaltungsbezogenen Ämter in Nachbarstaaten,
  • die jeweils gewachsenen Akteurskonstellationen, die bei der regionalen Ansprache und Information einbezogen werden können.

Das Vorhaben zeigt ebenso auf, dass grenzüberschreitende Beteiligung Spannungsverhältnisse hervorrufen kann. So zeigen die Forschungsergebnisse auf der einen Seite durchaus unterschiedliche Beteiligungserwartungen und -bedarfe in den Grenzregionen auf. Auf der anderen Seite darf jedoch das gesetzlich verankerte Gebot des gleichwertigen Einbezugs der Nachbarstaaten nicht beeinträchtigt werden.

Zudem unterstreichen die Ergebnisse, dass lokale Akteure in benachbarten Grenzregionen ein großes Interesse daran haben, möglichst frühzeitig informiert zu werden. Allerdings entspricht dies nicht den formal etablierten Abläufen, die zunächst vorrangig eine Information der nationalstaatlichen Ebene vorsehen.

Hier gilt es einen guten Weg zu finden. Dieser sollte einerseits Flexibilität und direkte Ansprache der betroffenen Regionen ermöglichen. Andererseits sollte er aber den formalen Anforderungen gerecht werden und eine gleichwertige Beteiligung über das gesamte Verfahren hinweg sicherstellen.

Fall- und Regionalstudien

Neben dem Abschlussbericht gingen aus dem Projekt folgende Teilstudien zu Beispielen aus der Praxis und Bedarfen vor Ort hervor:

Fallstudien zu Planungs- und Infrastrukturvorhaben mit grenzüberschreitender Beteiligung

Regionalstudien zu Erwartungshaltungen an grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung aus Sicht von an Deutschland angrenzenden Regionen