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Bürgerdialog Kernenergie (1974-1983) – Staatliches Handeln in der Auseinandersetzung um die nukleare Entsorgung und seine Bedeutung für das heutige Standortauswahlverfahren

Projektdaten
Förderkennzeichen4719F90101
Projektzeitraum05.2020 - 09.2023
Bewilligte Summe843.000 €
Ausführende StelleIZT - Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gemeinnützige GmbH, Berlin
Unterauftragnehmer

gemeinnützige DIALOGIK GmbH, Stuttgart

Gorleben Archiv e.V., Lüchow

Art der FinanzierungBASE-Forschungstitel


Projektbeschreibung

Ab den 1970er Jahren nahmen Proteste gegen den Bau kerntechnischer Anlagen in Deutschland deutlich zu. Mit dem „Bürgerdialog Kernenergie“ reagierte die Bundesregierung erstmals auf diese Proteste. Umgesetzt wurde er vom Bundesforschungsministerium in den Jahren 1975 bis 1983.

Im Wesentlichen handelte es sich hierbei um eine Kampagne einschließlich Diskussionsformaten. Es wurde über Vor- und Nachteile von Kernenergie informiert, ein Austausch verschiedener Positionen sollte ermöglicht werden. Zugrunde liegender Gedanke war, dass der wachsende Widerstand in der Bevölkerung auf mangelnde Informationen zurückzuführen sei. Durch Aufklärung und Information sollte der Ausbau kerntechnischer Anlagen erleichtert werden. Zur Bearbeitung des Forschungsvorhabens erhoben und analysierten die Auftragnehmer:innen wissenschaftliche Literatur sowie umfangreiches Material aus Archiven. Sie führten außerdem Interviews mit Zeitzeugen durch.

Ablauf, Aktivitäten und wesentliche Protagonist:innen wurden im Rahmen des Forschungsvorhabens recherchiert. Anlässe für die Umsetzung des Bürgerdialogs sowie die staatlicherseits verfolgten Ziele wurden aufbereitet. Die Wahrnehmung des Bürgerdialogs durch Zivilgesellschaft, Medien und Wissenschaft wurde analysiert und aufbereitet. Da im Raum Gorleben eine Informationsstelle von Bund und Land den Dialog in Entsorgungsfragen suchte, wurden ihre Aktivitäten vertieft betrachtet. Auch die Entwicklungen im nordhessischen Frankenberg, wo ebenfalls eine Anlage zur nuklearen Entsorgung errichtet werden sollte, wurden rekonstruiert.

Der „Bürgerdialog Kernenergie“ war bislang nicht Gegenstand vertiefter systematischer Untersuchungen. Mit dem jetzt vorliegenden Abschlussbericht wird somit eine Forschungslücke geschlossen. Es konnte gezeigt werden, dass der Staat bereits in den 1970ern mit den Bürger:innen in einen Austausch kommen wollte. Dies schloss explizit die Kritiker:innen von Kernenergie mit ein. Auch ihren Argumenten wurde mit dem Bürgerdialog eine Plattform gegeben. Über Jahre beteiligten sich Verbände, Initiativen und Bildungsträger. Insgesamt wurden umfangreiche Ressourcen aufgewendet.

Die Auseinandersetzung um die Nutzung der Kernenergie wirkt in Deutschland bis heute fort. Die Erfahrungen aus den Auseinandersetzungen um Gorleben haben die Gestaltung des Standortauswahlgesetzes mitgeprägt. Zwar gibt es zahlreiche Unterschiede zwischen „damals“ und „heute“. Dennoch leistet die fundierte Untersuchung des „Bürgerdialogs Kernenergie“ einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der damaligen Kontroverse und ermöglicht ein differenzierteres Bild.